28. November 2018 | Wilfried Schulte

Es gibt nichts Neues unter der Sonne.

Öfter mal was Neues! Was gibt‘s Neues? Hast du schon das Neueste gehört? Wir lieben das Neue. Vielleicht ist unsere Gesellschaft schon süchtig nach dem Neuen. Nur nichts verpassen, immer am Ball sein, die Lebenschancen erkennen und nutzen.

Irgendwann schleicht sich trotzdem der Gedanke ein, dass das Neue nicht unbedingt besser ist als das, was wir schon haben oder kennen.
Noch mehr wirken die Worte des Predigers wie eine kalte Dusche: „Was einmal gewesen ist, kommt immer wieder, und was einmal getan wurde, wird immer wieder getan. Es gibt nichts Neues unter der Sonne.“ Was ja heißt: im Leben und in der Geschichte wiederholt sich alles; und alles, was noch geschehen wird, ist schon einmal dagewesen.    
Dabei gibt es doch viel Neues unter der Sonne, oder etwa nicht?  Jedenfalls schreibt auch der amerikanische Schriftsteller Amrose Bierce: „Es gibt nichts Neues unter der Sonne, aber es gibt eine Menge alter Sachen, die wir nicht kennen.“ 
Wer das Buch Prediger liest wird bemerken, dass der Schreiber das Leben mit all seinen Facetten kennt. Er kommt zu dem Schluss, dass alles ein Kreislauf ist. Aus sich heraus kann er diesen Lebenskreislauf nicht durchbrechen. In sich selbst hat er nicht die Kraft dazu. Mehr noch, man gewinnt den Eindruck, dass alle Bemühungen zu keinem Ziel führen. Wenn etwas für uns neu ist, dann bedeutet dies nicht, dass es wirklich neu ist, und es bedeutet auch nicht, dass die neue Situation mich oder mein Leben wirklich neu macht. 
Der Begriff „unter der Sonne“ beschreibt das von Gott losgelöste Leben des Menschen. Der Mensch ist Teil eines Kreislaufs, aus dem er selbst nicht entkommen kann. Nur die Ausrichtung auf Gott schenkt ihm eine Alternative – ewiges Leben, Gottes Leben. Dieses Leben ist nicht nur im Blick auf seine Unendlichkeit für uns schwer vorstellbar, es ist auch von einer Qualität, die das Leben unter der Sonne nicht kennt. 
Der Reichtum des Predigers war unermesslich, seine Macht scheinbar grenzenlos, und die Welt der Religionen war ihm nicht fremd. Sein Denken war mit Weisheit erfüllt und seine Erfahrungswelt außergewöhnlich weitreichend. Doch trotz all seiner Macht und Erfahrung, trotz seines Wissens und seiner Weisheit musste er sich eingestehen: alles ist vergänglich, es gibt nichts Neues unter der Sonne. 
Der Mensch durchlebt einen Kreislauf, und am Ende kommt er genau dort wieder an, wo er am Anfang war. Der Mensch kommt von seinem Schöpfer und steht am Ende wieder vor seinem Schöpfer.
Eine Frage drängt sich mir bei Lesen des Buches Prediger immer wieder auf: Wie kann ich mein Leben gestalten, wenn sich alles wiederholt, alles vergänglich ist und es nichts Neues gibt? Der Ton des Buches wirkt fatalistisch und pessimistisch, aber genau auf diesem Hintergrund wird die Bedeutung der Beziehung zu Gott sichtbar. Der Prediger zeigt drei Schritte wie ein gewinnbringendes Leben unter Sonne gelingen kann:
Der Mensch, der die Souveränität Gottes anerkennt, kann mit dem Kreislauf des Lebens umgehen. 
Der Prediger ist weder Zyniker noch Skeptiker. Er ist Realist und ein Mann des Glaubens. Er ist überzeugt von Gottes Souveränität. In Kapitel 3,11 schreibt er: „Gott hat allem auf dieser Welt schon im Voraus seine Zeit bestimmt, er hat sogar die Ewigkeit in die Herzen der Menschen gelegt. Aber sie sind nicht in der Lage, das Ausmaß des Wirkens Gottes zu erkennen; sie durchschauen weder, wo es beginnt, noch, wo es endet“ Und einige Kapitel weiter: „Wenn es dir gut geht: Freu dich daran! Und wenn du von Unglück betroffen bist: Denk daran, dass dieser Tag wie auch jener von Gott gekommen ist, damit der Mensch nicht herausfinden kann, was die Zukunft bringt.“ (Prediger 7,14)
Der Prediger ist davon überzeugt, dass Gott souverän ist. Der Mensch kennt nicht den ultimativen Plan, Gott aber kennt ihn. In Römer 8,20 schreibt der Apostel Paulus von der Vergänglichkeit der ganzen Schöpfung und kommt in Vers 28 zu dem Schluss: „Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben und nach seinem Willen zu ihm gehören, alles zum Guten führt.“
Der Mensch, der auf Gottes Güte vertraut, kann das Leben genießen.
Der Prediger ist davon überzeugt, dass Gott trotz der Vergänglichkeit des Lebens gut ist und es gut mit dem Menschen meint. „Dadurch wurde mir klar, dass es das Beste für den Menschen ist, sich zu freuen und das zu genießen, was er hat. Denn es ist ein Geschenk Gottes, wenn jemand isst und trinkt und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann“ (Prediger 3,12-13). Wer dazu in der Lage ist, denkt nicht mehr oft über die Kürze seines Lebens nach. Denn Gott hat ihm Freude ins Herz gegeben.“ (Prediger 5,18-19) Gott meint es gut mit uns, und das Leben, das er uns schenkt, ist ewig – es ist mehr als nur das Leben unter der Sonne. 
Der Mensch, der erkennt das Gott gerecht ist, lernt verantwortungsvoll zu leben.
Der Prediger anerkennt, dass Gott gerecht und heilig ist und schreibt am Ende seines Buches:
„Als Ergebnis dieser ganzen Gedanken will ich dir Folgendes mitgeben: Bring Gott Achtung entgegen und tu das, was er in seinen Geboten fordert! Das gilt für jeden Menschen. 
 Gott wird über alle unsere Taten Gericht halten - seien sie gut oder böse - selbst über die Taten, die im Verborgenen liegen“(Prediger 12,13-14) 
Der Kreislauf des Lebens führt zu einem neuen Leben, wenn wir es in Gemeinschaft mit dem leben, der das Leben erschaffen hat, der über dem Leben steht und der neues Leben schenkt. „Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der alte Himmel und die alte Erde waren verschwunden. Und auch das Meer war nicht mehr da. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen wie eine schöne Braut, die sich für ihren Bräutigam geschmückt hat. Ich hörte eine laute Stimme vom Thron her rufen: »Siehe, die Wohnung Gottes ist nun bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und Gott selbst wird bei ihnen sein. Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.« 
Und der, der auf dem Thron saß, sagte: »Ja, ich mache alles neu!«  (Offenbarung 21.1-5)