Echt nicht irgendwer

Standpunkt

Haben Sie sich schon mal gefragt, was oder wer der Heilige Geist eigentlich ist? Klar, rein theologisch betrachtet, antworten wir rasch: ein Teil der Dreieinigkeit. Aber hilft das wirklich weiter? Eva Dittmann meint, er sei nicht irgendwer – und sie führt eine bemerkenswerte Argumentation.

Manchmal werde ich beim Lesen der Evangelien ziemlich neidisch auf die Jünger. Was muss das für eine krasse Erfahrung gewesen sein, mit Jesus unterwegs zu sein! Überwältigend und atemberaubend. Befreiend und belebend. Hoffnungsvoll und ruhestiftend. Aber sicherlich auch ein klein wenig aufwühlend und verwirrend. Hautnah zu erleben, wie er Menschenleben verändert und Herzen berührt. Wie er alles auf den Kopf stellt, was die Menschen damals geglaubt haben. Und wie er selbst ein vollkommenes Leben in Liebe und Wahrheit führt. Aber vor allem würde ich es feiern, mit Jesus selbst ins Gespräch zu kommen. Ganz alltäglich und banal – und ganz persönlich und tiefgründig. Face-to-Face. Von ihm ermutigt, befähigt und geführt zu werden. Und natürlich auch von ihm herausgefordert, hinterfragt und korrigiert zu werden. Was würde ich alles dafür geben, diesem wunderbaren Jesus, dem Sohn Gottes, leibhaftig zu begegnen!

Aber: Warum denke ich eigentlich, die physische Gegenwart von Jesus sei besser als die tatsächliche Gegenwart des Heiligen Geistes in meinem Herzen, die Gott jedem verheißen hat, der an ihn glaubt? Was daran scheint so anders zu sein, dass ich die Präsenz Jesu (emotional) präferieren würde? Jesus selbst sieht diesen innewohnenden Beistand zumindest nicht in dieser zweitklassigen Weise. In Johannes 16,7 sagt er zu seinen Jüngern: „Doch glaubt mir: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht von euch wegginge, käme der Helfer nicht zu euch; wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“ In Vers 12 fügt er hinzu: „Wenn der Helfer kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch zum vollen Verständnis der Wahrheit führen.“

Ein unsauberes Bild

Wenn das wirklich wahr ist, wieso empfinde ich den Heiligen Geist dann als „stümperhaften Ersatz“ für die viel begehrenswertere Gegenwart Jesu? Wieso betrachte ich seinen Beistand mit einer „Naja-ist-wenigstens-besser-als-garnichts“-Mentalität? Ich denke, das liegt daran, dass wir – und da bin ich mal so frech und schließe auch Sie mit ein – in unserer Glaubenspraxis (!) ein viel zu einseitiges und vor allem theologisch unsauberes Bild vom Heiligen Geist haben. Lassen Sie mich das erläutern:

Was ist Ihre erste Assoziation, wenn Sie an den Heiligen Geist denken? Viele Menschen lassen sich von ihrer Vorstellung eines „Geistes“ dazu verleiten, den Heiligen Geist als eine unwiderstehliche Macht zu sehen, eine Quelle übernatürlicher Kraft oder eine Art göttlichen Einfluss, der uns den Willen des Vaters vermittelt. Hier wird der Geist in Star-Wars-Façon als eine unpersönliche Macht beschrieben, die uns zur Verfügung steht und die wir erfassen und für uns vereinnahmen können („Möge die Macht mit dir sein!“) – fast schon als ein „Etwas“.

Mehr als ein etwas

Wenn aber die Bibel vom Heiligen Geist spricht, ist er viel mehr als eine Macht. Als Teil der Dreieinigkeit wird er dort immer als eine Person beschrieben, mit der wir in Beziehung treten sollen und die in uns Raum nimmt. Er weist tatsächlich alle notwendigen Merkmale auf, um ihn als Person zu verstehen: Er hat einen Verstand. Der Heilige Geist weiß alles und durchforscht alle Dinge (1. Korinther 2,10–11) und vermittelt so zwischen Gott dem Vater und den Menschen, zum Beispiel im Gebet (Römer 8,26f). Er hat einen eigenen Willen: Der Heilige Geist verteilt die geistlichen Gaben nach seinem Ermessen (1. Korinther 12,11) und führt die Gläubigen in ihrem Missionsauftrag (Apostelgeschichte 13,2;16,6f). Und er hat Emotionen: Der Heilige Geist kann betrübt (Jesaja 63,10; Epheser 4,30) und empört werden (Hebräer 10,29), wenn wir die Beziehung mit Gott oder untereinander verletzen.

 

„Wenn der Helfer kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch zum vollen Verständnis der Wahrheit führen.“

Nicht zur Verfügung

Vielleicht denken Sie jetzt: „Boah, diese Theologen schon wieder mit ihrem unnötigen Drang zu vollkommen abgehobenen Differenzierungen, die nichts mit meinem geistlichen Leben zu tun haben. Mal im Ernst, was macht das denn bitte für einen Unterschied, ob der Heilige Geist jetzt eine Macht oder eine Person ist?“ Ganz ehrlich? – Einen sehr großen! Wenn wir den Heiligen Geist bloß als eine unpersönliche Macht sehen, dann wird er zu etwas, was zu unserer Verfügung steht und was wir einfach ergreifen, kontrollieren und für uns vereinnahmen können – so wie der Magier Simon den Heiligen Geist erkaufen wollte, um aus seiner Macht Profit zu schlagen (Apostelgeschichte 8,18–25). In dieser Weise degradieren wir den Geist zu einem zweitklassigen, einem untergeordneten Teil der Dreieinigkeit. Hier drängt sich in unseren Herzen immer wieder die Frage auf: „Wie kann ich mehr vom Heiligen Geist bekommen?“ Und das wiederum führt zu einer geistlichen Unabhängigkeit, Selbstgerechtigkeit und Stolz.

Mehr von mir

Wenn wir den Heiligen Geist hingegen als Person wahrnehmen, steht vielmehr die Beziehung im Vordergrund, die der innewohnende Geist mit uns gestalten möchte. Hier stellt sich dann eine ganz andere Frage, die auch die eigene Stellung innerhalb dieser Gottesbeziehung ganz klar definiert: „Wie kann der Heilige Geist mehr von mir bekommen?“ Er ist schließlich Gott! Wunderbarer, herrlicher, majestätischer Gott, der in unseren Herzen wohnen möchte. Sich ausbreiten möchte. Uns vereinnahmen möchte – zur Ehre des Vaters. Und unsere Aufgabe ist es, uns diesem Geist mit Demut, Dankbarkeit und Gehorsam unterzuordnen. Uns auf Schritt und Tritt von diesem Geist bestimmen zu lassen, wie Galater 5,25es ausdrückt.

Darf ich bitten?

Im Grunde fordert uns der Heilige Geist zu einem Tanz auf. Einem Tanz, in dem er die führende Rolle übernimmt. Als Tanzpartner muss man ihm und seiner Führung vollkommen vertrauen. Sich ganz hingeben. Sich verletzlich machen. Sonst tritt man ihm auf die Füße oder stolpert und die Schönheit und Dynamik des Tanzes gehen verloren. Aber wenn wir bereit sind, uns von ihm führen zu lassen – ganz egal, wohin die Reise geht –, wenn wir immer und immer wieder in Beziehung zu ihm treten, Hindernisse ausmerzen und mit ihm das Tanzen üben, dann wird er unser Leben zweifellos von innen heraus verändern und Gottes unvorstellbare Macht und Liebe werden sichtbar. Was hätte Gott uns Besseres geben können?

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