Das belebt den Geist

Ratgeber

Wenn einem „ein Wort Gottes“ zugesprochen wird, kann das sehr unterschiedliche Auswirkungen haben. So unterschiedlich, wie oft auch die Motivation des „Propheten“ ist, der Person nämlich, die meint, das Wort Gottes zu sagen. Dr. Martina Kessler hat sich das angeschaut und zitiert Heinrich Christian Rust.

Beispiel 1:

Gerade las ich den Bericht einer Frau, die in einer christlichen Gemeinschaft häufig hörte, was Gott ihr zu sagen habe. Viele Sätze der prophetischen Rede begannen mit „So spricht der Herr ...“ oder „Jesus sagt dir: …“ oder „Gott will dies und das in deinem Leben tun“. Die Leiter der Gruppe sprachen als Stimme Gottes zu den Mitgliedern.

Beispiel 2:

Eine milde prophetische Aussage erlebte ich vor einigen Jahren in einer Gemeinde, in der ich häufig zu Gast war. Ich war auf der Suche nach einer neuen Gemeinde, und eine Frau sagte zu mir: „Ich weiß, dass Gott euch hier in diese Gemeinde führen wird.“ Als ich meinem Mann davon berichtete, war er sicher: „Nie und nimmer war das eine Nachricht von Gott!“ – und er führte gute Gründe für seine Argumentation auf.

Beispiel 3:

In einer Gemeinde in einer ca. 30 km entfernten Stadt erlebte ich Folgendes: Nach dem Gottesdienst konnte man für sich beten lassen. Dieses Angebot wollte ich nutzen. Ich erzählte einem Mann aus dieser Gemeinde, dem ich vorher noch nie begegnet war, anonym meine Gemeindefrustration. Weder nannte ich die Gemeinde, noch stellte ich mich mit vollem Namen vor. Er sollte keine Rückschlüsse ziehen können. Im nachfolgenden Gebet nannte er den vollen Namen der Gemeinde. Ich war verwundert! Als ich ihn später darauf ansprach, sagte er ganz schlicht und bescheiden: „Das ist bei mir manchmal so.“

Beispiel 4:

Manchmal passiert es mir, dass ich bei seelsorglichen Gesprächen oder Vorträgen spontan Beispiele einfüge, über die ich mich selbst wundere. Oft fragt mich dann nachher jemand: „Woher kanntest du meine Situation / die Situation unserer Gruppe oder Gemeinschaft?“ Nur in sehr seltenen Fällen hatte ich Vorinformationen. Die Beispiele sollten einfach die Theorie veranschaulichen. Staunend stelle ich nach solchem Feedback fest: Ich habe damit anscheinend den Nagel auf den Kopf getroffen.

Beispiel 5:

Ein deutschlandweit bekannter Pastor hatte im Jahre 2000 bezüglich der Entwicklung der Finanzmärkte eine Prophetie. Zu dieser Zeit hatte das sonst eher noch niemand im Blick. Auch größere Zeitschriften aus dem christlichen Spektrum hatten seine Prophetie aufgegriffen und kontrovers diskutiert. Auf einem Spaziergang diskutierten mein Mann und ich sie ebenfalls und wir wägten miteinander ab. Dabei waren wir geneigt, den Aussagen zu vertrauen, auch wenn wir nur wenige Aktien besaßen.

 

„Heinrich Christian Rust sagte dazu: ‚Nicht jeder Vogel auf dem Kopf ist für die Taube des Heiligen Geistes zu halten!‘“

Vorhersagen? Oder hervorsagen?

Das Neue Testament zählt prophetische Botschaften eindeutig zu den Geistesgaben. Ihre Form und ihr Inhalt können sehr unterschiedlich sein. Mal ist es eine erstaunliche Vorhersage, die Zukünftiges betrifft, wie im letzten Beispiel. GottesOffenbarungen können aber auch durch biblische Worte, durch Gedanken, die innere leise Stimme, Visionen oder bildhafte Eindrücke, Träume, Auditionen, Engelbotschaften, körperliche Manifestation oder bestätigende Zeichen kommen. Häufiger als um die Vorhersage von Zukünftigem geht es darum, dass Menschen befähigt sind, eine Botschaft von Gott in eine ganz konkrete Situation hinein zu sagen (wie in Beispiel 3 und 4). Manche Christen benutzen dafür auch Bezeichnungen wie „eine Erkenntnis haben“ oder „ein Wort der Weisheit aussprechen“. Wichtig dabei ist, dass die Inhalte von Prophetien geprüft werden (z. B. 1. Korinther 14,29). Prophetien wie in den Beispielen 3, 4und 5 gehen auf das Eingreifen Gottes zurück. Die Beispiele 3 und 4 beinhalten jedoch keine Aufforderung an die hörende Person. Wenn das Geäußerte in das Leben einer Person oder Gruppe eingreift, dann haben diese die Freiheit, damit umzugehen, wie es zu ihnen passt, oder, besser noch, sie klären im Gebet die nächsten Schritte.

Was hat das mit mir zu tun?

Häufig anzutreffen sind auch solche prophetischen Aussagen,wie sie in Beispiel 2 geschildert werden. Jemand projiziert seinen (frommen) Wunsch in ein prophetisches Wort von Gott hinein und gibt es als Gottes Prophetie weiter. Heinrich Christian Rust sagte dazu: „Nicht jeder Vogel auf dem Kopf ist für die Taube des Heiligen Geistes zu halten!“ Solcherlei „Prophetie“ ist nicht böse, kann aber Schaden anrichten, wenn sich Menschen auf das Gehörte einlassen und dann enttäuscht feststellen, dass hier Menschliches mit Göttlichem verwechselt wurde. Gerade dieser Aspekt braucht, neben allen anderen Formen der Prophetie, besondere Aufmerksamkeit. Mich spricht der Buchtitel „Herr, bist du es?“ (von Heinrich Christian Rust) dazu besonders an. Denn das ist immer wieder die Frage: Herr, bist du es, der mit mir spricht? Wenn ja, soll ich dem anderen sagen, was ich höre? Wenn ja, wie kann ich es so tun, dass es der anderen Person dient? Oder ist es ein Gebetsauftrag für mich, den ich gar nicht kommunizieren soll? Wenn es kein Wort von dir ist, kommen dann die Gedanken aus meinem Inneren? Was hat das dann mit mir zu tun? Oder nehme ich etwas bei einer anderen Person wahr, was diese Gedanken bei mir auslöst? Ist es eher menschlich oder doch geistlich? Diese Fragen bedürfen unbedingt einer Klärung, bevor man seinen Eindruck jemandem mitteilt. Das würde ich auch von jeder Person erwarten, die mir ihre vermeintlich geistlichen Gedanken mitteilt.

Prophetien werden eher beachtet, wenn sie von vertrauenswürdigen Menschen kommen, die ein gutes Wort zur rechten Zeit haben und die, wenn sie schon ermahnen, dies weise tun. Das wird sich dann erfrischend und belebend auswirken. In Sprüche 25,11–13 wird diese Art der Weitergabe von prophetischer Rede verglichen mit goldenen Äpfeln in einem silbernen Korb, kostbarem Schmuck aus reinem Gold oder der Erfrischung von Schnee in der Sommerhitze des Orients. Das belebt den Geist des Herrn in hörenden Menschen.

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