Ich sitze im Garten

Essay

Sie sagt von sich selbst: „Ich bin fasziniert davon, wie Gott spricht. Durch die Natur, durch Menschen und durch das, was ich gerade brauche.“ Dabei schaut sie in Richtung Ursprünglichkeit, und hält es für ein Geschenk zu sehen, dass der Heilige Geist genau dadurch einen Zugang zu ihrem Herzen gefunden hat. Ines Schobert sitzt im Garten und wundert sich. Über Gott und die Welt.

Es ist Herbst. Ich nutze das kinderfreie Wochenende, um den Garten winterfest zu machen. Wimpelketten, Lampions und Windräder kommen in eine Kiste für den nächsten Sommer. Äpfel, Birnen, Pflaumen, letzte Tomaten und Auberginen aus dem Gewächshaus werden abgeerntet. Dann lacht mich ein riesengroßer roter Apfel an. Ich pflücke ihn, setze mich auf unser Garten-Sofa und esse ihn genüsslich. Ich schaue in den Himmel und halte inne. Wie oft habe ich dieses Jahr einfach nur hier gesessen und das genossen? Innegehalten, dankbar den Garten, unser Haus, die Kinder, unsere Familie, die Ernte, die Natur, unser Leben bestaunt?

Wie viel Zeit

Wir haben drei Kinder. Als sie klein waren, habe ich mir viel Zeit genommen, den Moment zu genießen. Unzählige Stunden habe ich sie auf diesem Garten-Sofa gestillt, unzählige Stunden habe ich die Kinder angeschaukelt, ihnen auf die Rutsche geholfen, wieder und wieder erklärt, dass man beim Einsäen von Saatgut immer nur ein Körnchen nimmt, nicht die ganze Tüte ausschüttet, wieder und wieder die Äpfel unter der Kinder-Schubkarre aufgesammelt, um sie dann, nach dem erneuten Umkippen, wieder aufzusammeln. Wie viel Zeit habe ich mit Rasen mähen, Beete machen, Laub fegen und Gartenpflege verbracht, und wie viel Zeit zum Genießen, innehalten, dankbar sein? Gott lächelt mich an durch den bereits erwähnten großartigen Apfel. Er schmeckt köstlich. Mit allen Sinnen genieße ich das Obst und den Moment. Dankbar komme ich ins Gespräch mit Gott. Welch kostbarer Herbstmoment am kinderfreien Wochenende, an dem ich so viel „abarbeiten“ wollte! Aber ich sitze im Garten.

Was alles geht

Während ich die Windräder gegen Fliegenpilze und Hortensien- Gestecke austausche, komme ich mit einer Nachbarin ins Gespräch. Wir reden darüber, wie viel Arbeit so ein großer Garten macht, wie schnell die Kinder groß werden, und sie erzählt, wie einsam sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren durch die Corona-Maßnahmen geworden ist. Zudem natürlich das Gespräch über die derzeitigen überall lauernden Alltagssorgen. Wie teuer alles geworden ist, wie wir das machen mit dem Heizen und so weiter. Ich versuche, positive Aspekte in unser Gespräch zu bringen. Wie gesegnet wir sind mit unseren Gärten, was wir mit den Kindern jetzt schon alles machen können, und wie wir aus der Einsamkeit rauskommen können. Spontan lade ich sie für abends zum Hauskreis ein. Sich zusammentun mit anderen. Nicht, wie in Corona-Zeiten, einsam und allein mit seinen Ängsten sein. Nein, ich lade sie ein, sich mit ihren Alltagssorgen an Gott zu wenden und mit Menschen zusammen zu tun, die auch alle hohe Gasabschläge zahlen müssen und den Einkauf beim örtlichen Bäcker und Schlachter gegen den beim Discounter eingetauscht haben. Die sich Alternativen suchen müssen, die Haus, Kinder, Arbeit und Leben unter einen Hut bringen müssen und in all dem jeden Tag neu wieder Hoffnung und Kraft brauchen, für sich und die Familie. Sich zusammentun.

 

„Ich versuche, positive Aspekte in unser Gespräch zu bringen. Wie gesegnet wir sind mit unseren Gärten, was wir mit den Kindern jetzt schon alles machen können, und wie wir aus der Einsamkeit rauskommen können.“

Wie Gott spricht

Nachträglich schreibe ich unserem Hauskreisleiter, und er antwortet auf die Frage, ob ich abends jemanden mitbringen darf, mit: „klar, das ist eine Gebetserhörung!“ Gespannt, was dahintersteckt, fahre ich abends mit meiner Nachbarin zum Hauskreis. Es geht um Elia. 1. Könige 19 (zum Nachlesen sehr empfohlen!). Mein Hauskreisleiter hatte morgens gebetet, dass auch er erleben dürfe, wie Gott handelt. Wie Gebet erhört wird. Ob Gott nicht machen könne, dass unser Hauskreis wächst. Dass wir Christen aus unserem Dorf zusammenkommen und zusammenrücken, um uns für ungemütliche Zeiten zu ermutigen. Und dann meine Nachricht. Gott hat geredet. Zu meinem Hauskreisleiter! Obendrein hat meine Nachbarin in ihren Sorgen um die Zukunft durch das Thema des Abends Gottes Reden erlebt. Gott versorgt Elia in der Einsamkeit. Er schickt Vögel, die ihm Essen bringen, führt ihn an einen Bach, aus dem er trinken kann. Gott versorgt uns, egal wie die Prognosen für diesen Winter sind. Gott hat geredet. Zu meiner Nachbarin!

Was mich sorgt

Und mich hat es berührt, dass Gott immer wieder mitten im lauten, vollen Alltag spricht. Wie an diesem Nachmittag im Herbstgarten. Er spricht zu mir durch Menschen, durch die Natur, durch solche Momente wie in unserem Hauskreis. Wie oft in der Bibel findet die Berührung und Zurüstung in Wüstenzeiten, in Auszeiten, in Kämmerlein Momenten statt! Nicht (nur) bei großen, attraktiven Veranstaltungen! In zarten Momenten des Innehaltens! Auf demselben Gartensofa, auf dem ich in den letzten Jahren unsere drei Kinder gestillt habe und mir an vielen lauen Sommerabenden die Nächte um die Ohren geschlagen habe, habe ich gestern in all der Gartenarbeit erlebt, wie Gott redet. Die Zeit, die ich mir genommen habe, um ganz in Ruhe den großartigen Apfel zu essen, tat mir gut. Gott hat zu mir geredet. Ich war berührt und fasziniert von der Genialität seiner Schöpfung. Allein das Gehäuse eines Apfels ist so einzigartig und so wichtig! Von außen ahnt man gar nicht, was innen Wertvolles und Kostbares zum Vorschein kommt. Ich musste an unsere drei Jungs denken, als sie noch Babys waren. Und während ich da so saß, erlebte ich Gott, wie er mir zulächelte. Ein Frieden durchfuhr mich, der mir sagte: „Ich bin das A und O. Das Alpha und Omega. Ich bin Anfang und Ende. Ich habe die Welt mit allem, was passiert in der Hand! Wirf Deine Sorgen auf mich! Ich bin der Versorger!“

Ines Schobert, 45, wohnt in Bad Essen bei Osnabrück, hat
mit ihrem Mann Ralf drei vor Lebenslust strotzende Jungs
im Alter von 3, 6 und 9 Jahren, geht in eine überkonfessionelle
Hauskreis-Gemeinde und mag ganz offensichtlich die
Begegnung mit Menschen und Gott und frisches Obst.

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