Die Chance verpasst
Kolumne
Die Frage ist wohl so alt wie die Menschheit selbst: Was genau ist Sünde, und welche Auswirkungen hat sie auf uns? Wenn stimmt, was die Bibel sagt: „Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde.“ 1 , was heißt das dann für die Menschen? David Kröker ordnet theologische Gedanken und praktische Anwendungen und meint: wir müssten keine Angst mehr haben.
Um den Hunger zu stillen, entscheidet sich ein Familienvater im Geschäft dazu, Brot zu stehlen. Er tut nun etwas nicht aus Glauben an Gott. Er sündigt. Er lässt das Brot in seiner Jacke verschwinden und macht sich auf den Weg nach Hause. Während ein anderer bedürftiger Familienvater im Gebet ausruft: „Unser tägliches Brot gib uns heute“² und tatsächlich das übernatürliche Eingreifen Gottes erfährt, verpasst der stehlende Familienvater die Chance, Gott als Versorger zu erleben. Bei der nächsten Herausforderung wird er, weil er Gott nicht als Versorger erlebt hat, ebenfalls nicht aus Glauben handeln. Gott bleibt für ihn ein Fremder. Der andere Familienvater jedoch wird sich, durch die Erbarmung Gottes, diesem Gott noch mehr anvertrauen und folglich bei der nächsten Herausforderung einen weiteren Glaubensschritt gehen.³ Der erste Vater wird seinen Diebstahl vor seinen Mitmenschen verheimlichen wollen. Dadurch entfremdet er sich nicht nur von Gott, sondern auch von seinen Mitmenschen. Durch diese Entfremdung vereinsamt er immer mehr und entfremdet sich durch die wachsende Selbstanklage nun auch von sich selbst. Wie holt man ihn da wieder raus?
Eines Abends will ich auf dem Nachhauseweg in der Dunkelheit mit unserem schwarzen Auto in unsere Einfahrt einbiegen. Da kommt mir ein Mädchen auf dem Bürgersteig entgegen. Ich halte an und warte, bis sie vorbeigegangen ist. Plötzlich sehe ich, wie sie schneller wird und anfängt, zu laufen. Offensichtlich hat sie sich gefürchtet. Sie wusste nicht, dass ich in die Einfahrt einbiegen wollte. Ich war für sie ein Fremder. Sie fürchtete sich.
„Da kommt mir ein Mädchen auf dem Bürgersteig entgegen. Ich halte an und warte, bis sie vorbeigegangen ist. Plötzlich sehe ich, wie sie schneller wird und anfängt, zu laufen. Offensichtlich hat sie sich gefürchtet.“
Was hätte ich in dieser Situation tun sollen? Das Fenster runterlassen und ihr hinterherrufen? Den Rückwärtsgang einlegen und sie einholen, um sie aufzuklären? Ich habe in diesem Moment nichts tun können. Und genau das ist die Problematik der Entfremdung. Nachdem Adam und Eva gesündigt hatten – sie aßen von der Frucht nicht aus Glauben – versteckten sie sich im Garten zwischen den Bäumen. Wie kamen Adam und Eva auf die Idee, sich vor dem allwissenden Gott verstecken zu können? Durch die Sünde wurde Gott ihnen ein Fremder. Sie glaubten ernsthaft, sich vor ihm verstecken zu können. Sie wussten nicht mehr, wie er über Nacktheit denkt. Hinzu kam die Furcht, die den Menschen im Entfremdungsprozess immer begleitet.⁴
Und wie geht Gott vor, um den Menschen aus der Entfremdung zu holen? Er geht ihm nach, er stellt eine Frage: „Wo bist du?“ So gibt Gott Adam die Möglichkeit zu reagieren. Adam kann antworten, muss es aber nicht. Er kann den Zeitpunkt der Reaktion selbst bestimmen. Gott kommt zum Menschen und geht das Tempo des Menschen mit. Dabei sendet er regelmäßig Signale der Liebe und offenbart immer wieder sein Wesen. In der Sendung und Menschwerdung seines Sohnes Jesus wird es besonders deutlich, und in der Begegnung mit ihm kommt es wieder zu Vertrautheit und Freundschaft mit Gott. Damit wird die Chance ergriffen.
¹ Römer 14,23b |² Matthäus 6,11 | ³ Vgl. Römer 12,1 | ⁴ Vgl. 1.Mose 3,9–10
David Kröker, Jahrgang 1984, ist verheiratet und hat vier Kinder. Nach seinem Theologie-Studium an der FTH Gießen wurde er Jugend- und Pastoralreferent in der EFG Haiger. Seit 2018 ist er Vorsitzender der Deutschen Evangelistenkonferenz, Leiter des Arbeitsbereiches „Gemeindegründung“ im ChristusForum Deutschland, Gastdozent am Bibelseminar Bonn und Gemeindegründer in Euskirchen.
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