Auf der Jagd nach Abenteuern
Bericht
Was alles möglich ist, wenn man nur ganz genau hinschaut – oder hört –, lässt manchen oft staunen. So auch Judith Schmidts, die sicher nicht zu denen gehört, die immer in der ersten Reihe stehen. Auf ihre ganz eigene Art ist sie unterwegs, um Gott im Alltag zu entdecken. Und sie entdeckt ihn! Immer wieder! Ihre Erlebnisse und Eindrücke machen Mut und Hoffnung und laden dazu ein, sich selbst auf Entdeckungsreise zu begeben.
Wer mich kennt, wird jetzt schmunzeln, denn ich bin 60 Jahre alt, arbeite im Büro und lebe ein eher ruhiges Leben zwischen Job, Gemeinde und Familie. Ich habe nicht einmal sehr viele Kontakte zu Menschen, die Jesus noch nicht kennen. Wenn ich auch keine Mutproben bestehen würde und eine Achterbahn nur von außen anschaue – in meinem Herzen bin ich dennoch eine Abenteurerin. Ich habe eine große Sehnsucht danach, Jesus real zu erleben. Ich möchte, wie Philippus, an die einsame Straße versetzt werden und mit Johannes in den Himmel reisen. Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen, als Jesus Lazarus auferweckt hat oder Paulus zum Glauben kam. All diese Menschen in der Bibel haben so viele großartige Dinge mit Jesus erlebt. Und die Geschichte der Bibel schreibt sich ja immer weiter fort. Jesus ist auch heute noch so erlebbar, und ich will dieses Erleben voll spüren.
Du bist auf dem richtigen Weg
Natürlich geht hier ein wenig mein Temperament mit mir durch, aber es ist nicht abwegig, Gott so real zu erleben. Es ist sogar natürlich. Wenn ich an Gott glaube und dieser Glaube mein Leben nicht nachhaltig und sichtbar verändert, läuft etwas nicht ganz richtig. Wenn Jesus davon spricht, dass Nachfolge Konsequenzen hat, und ich spüre so gar keine davon, dann stimmt etwas nicht. Wenn ich bete, und es geschieht nahezu nichts, dann muss ich mich fragen: Wo ist denn mein Gott? Ich muss und will mich doch hinterfragen, ob ich das wirklich glaube, von dem ich sage, dass ich es glaube, und ob ich mich darin herausfordern lasse. Ist mein Glaube nur Tradition oder Religion? Oder geschieht etwas in meinem Leben, verändert mich Gott?
Meine Prägung im Glauben ist eher konservativ, und ich habe mich oft gefragt, warum wir in unserer Gemeinde nicht mehr über den Heiligen Geist geredet haben. Dann habe ich angefangen, mich mit den Geistesgaben und den Früchten des Geistes zu beschäftigen. In dieser Zeit erfuhr ich Gottes Liebe zu mir auf eine neue Weise. Er gab mir viele Eindrücke in der Natur. Ich war oft sehr bewegt über seine Zeichen. So saß ich draußen und las ein Buch von John Eldredge, in dem er seine Erlebnisse und die seiner Frau in der Natur beschreibt. Ein Schmetterling umflog mich, und ich bewunderte seine blaue Farbe. Natürlich nahm ich ihn viel deutlicher wahr, weil ich gerade darüber las, wie Gott sich in der Natur zeigt. Ich vertiefte mich wieder in das Buch, und als ich das nächste Mal nach dem Schmetterling sah, saß er mir auf der Schulter und blieb eine ganze Weile dort sitzen. Es war, als wenn Gott mir sagen würde: „Du bist auf dem richtigen Weg. Wer mich erleben will, wird mich auch erleben. Ich bin in allem und warte nur darauf, dass du mich entdeckst.“ Mir kamen die Tränen. Gott hatte mein Herz angerührt.
„Du bist auf dem richtigen Weg. Wer mich erleben will, wird mich auch erleben. Ich bin in allem und warte nur darauf, dass du mich entdeckst.“
Ich musste unter Tränen lachen
Gottes Liebe zeigte sich mir danach immer wieder in der Natur. Eines Morgens fuhr ich um kurz vor 6 Uhr zur Arbeit. Es war schon hell. Ich war sehr angespannt, da ich inmitten einer Situation arbeiten musste, die sehr explosiv war und sich jeden Moment entzünden konnte. Jedes Wort musste man mit Bedacht wählen, jede Situation entschärfen. Ich selbst war nicht unmittelbar betroffen, aber steckte dennoch mittendrin. Daher fiel es mir an diesem Morgen unendlich schwer, zur Arbeit zu fahren. Ich hatte mir viel Zeit zum Beten für diesen Tag genommen und saß nun im Auto. Mein Weg führte mich durch eine verkehrsberuhigte Straße, in der man nur 30 km/h fahren darf. Ich fuhr vermutlich noch etwas langsamer. Und genau dort, während meine Augen in Erwartung des schweren Tages mit Tränen gefüllt waren, sah ich das Verrückteste, was ich je gesehen habe. An einer schlanken Birke im Vorgarten eines der Häuser saßen zwei Buntspechte. Ich konnte sie nur im kurzen Augenblick des Vorbeifahrens sehen. Aber sie saßen sich am Stamm gegenüber und für mich sah es so aus, als wenn die beiden Buntspechte ein Herz darstellten. Links saß einer der beiden, den Schnabel zum Stamm hin, rechts der andere, in der gleichen Position. Ich wollte anhalten und zurücksetzen, aber ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich dann zu spät kommen würde. Also fuhr ich weiter. Vielleicht war das Bild nicht real. Vielleicht war ich durch meine Tränen einer Illusion aufgesessen. Das war mir in dem Moment herzlich egal. Ich hatte ein von Vögeln geformtes Herz gesehen und wusste, dass Gott mich an diesem Tag tragen würde. Ich musste unter Tränen lachen und dankte Gott für seine wunderbaren Ideen. So begegnet mir Gott in der Natur, und es ist jedes Mal, als wenn sein Atem meine Wange streift, so nah fühle ich mich ihm.
Mit dem Kopf auf dem Stuhl
Vor vielen Jahren kamen die Armbändchen „WWJD – What would Jesus do?“ auf den Markt. Es war der Versuch, beim Tragen zu jeder Zeit an die Frage erinnert zu werden: Wie würde sich Jesus in dieser Situation verhalten? Ich begann auch, solch ein Armband zu tragen, aber ich gewöhnte mich zu schnell an dieses Bändchen und verlor den Auftrag, mich zu prüfen, immer wieder aus den Augen. Dann las ich ein Buch, in dem der Autor vorschlug, sich vorzustellen, dass Jesus sichtbar neben uns geht. Brennan Menning ist einer meiner Lieblingsautoren, und er erzählte in diesem Buch die Geschichte eines Mannes, der auf dem Sterbebett lag und sehr unruhig war. Er war unsicher, ob Gott ihm gnädig wäre, obwohl er wiedergeboren war. Der Pfarrer, der ihn besuchte, war ein gläubiger Mann. Er stellte einen Stuhl an das Bett des Sterbenden und riet ihm, sich vorzustellen, Jesus säße genau dort und er könnte von Angesicht zu Angesicht mit ihm über alles reden. Er betete noch für diesen Mann und ging dann. Später an diesem Tag rief die Tochter des Mannes den Pastor an und teilte ihm mit, dass ihr Vater gestorben war. Sie sagte: „Ich finde es merkwürdig. Ich habe meinen Vater in einer seltsamen Position gefunden. Er hatte sich so gelegt, dass sein Kopf auf dem Stuhl lag und er lächelte, als er starb.“ Der Pfarrer wusste, dass dieser Mann seinen Frieden gefunden hatte, denn er starb mit dem Kopf in Jesu Schoß.
Das mag verrückt klingen
Ich begann damit, mich in Momenten, wenn ich allein war, laut mit Jesus zu unterhalten, als wenn er bei mir wäre. Und das tue ich bis heute. Ich stelle mir vor, er sitzt mit mir im Wohnzimmer oder er geht neben mir, wenn ich unterwegs bin. Auch im Auto sitzt er auf dem Beifahrersitz. Vielleicht erwischt mich hier und dort mal jemand und denkt, ich rede mit mir selbst. Auch die Kühe auf der Weide haben mich schon irritiert angeschaut, wenn ich mit Jesus spazieren gehe, wie es Hans-Peter Royer in seinem Buch „Nach dem Amen bete weiter“ formuliert. Aber das macht mir nichts aus. Ich bin glücklich darüber, über meine Vorstellungskraft eine Möglichkeit gefunden zu haben, bewusster mit Jesus zu leben. Und Jesus stellt sich auch dazu. So verrückt das klingen mag. Mit einiger Übung kann ich sagen, dass ich nicht nur rede, sondern auch höre, was er mir sagt. Jesus stellt sich zu unserer Vorstellung, wenn sie dahin zielt, dass wir ihm näherkommen wollen, ihn mehr in unser Leben einbeziehen möchten und ihm ähnlicher werden wollen. Um dabei nicht ins Fantasieren abzugleiten, muss ich mich aber auch intensiv mit Gottes Wort beschäftigen und wissen, was in der Bibel steht. Denn nur, wenn ich weiß, was in der Bibel steht, kann ich meine Gedanken prüfen, ob sie wirklich von Gott kommen. Was nicht mit der Bibel übereinstimmt, ist auch nicht Gottes Reden. Meine Fantasie kann mich täuschen, denn ich bin und bleibe unvollkommen und angreifbar durch die Macht Satans. Aber Gottes Wort ist der Prüfstein, an dem alles vorbeimuss.
„Ich bin glücklich darüber, über meine Vorstellungskraft eine Möglichkeit gefunden zu haben, bewusster mit Jesus zu leben. Und Jesus stellt sich auch dazu.“
Ich will andere ermutigen
Das mache ich im hörenden Gebet. Diese Art zu beten ist nicht ganz unumstritten und das in mancher Beziehung vielleicht auch zu Recht. Wenn ich im hörenden Gebet Bilder sehe und mir Bibel- oder Liedverse zu einem bestimmten Anliegen oder einer bestimmten Person in den Sinn kommen, dann kann ich diese unkommentiert mit der entsprechenden Person teilen oder ich bekomme einen „Eindruck“, den ich weitergeben kann. Ich nutze diese Form des Gebets, um andere zu ermutigen. Kritik äußere ich nicht auf diese Weise. Weil ich noch nicht so gut geübt bin in dieser Form des Betens, bin ich vorsichtig mit meinen Aussagen. Ich könnte hier auch Gefahr laufen, meine eigenen Vorstellungen mit einzubringen, meine Gedanken zugrunde zu legen und mir etwas einzubilden. Doch Gott weiß um mein stolzes Herz und um mein Versagen, und er würde auch meine Versuche, andere zu manipulieren oder mich selbst in den Mittelpunkt stellen zu wollen, gleich erkennen. Die Gefahr besteht immer, sich auf diese Weise hervorzutun. Und dennoch hat Gott meine Vorstellungskraft hier schon gebraucht, um Menschen durch mich etwas zu sagen. Ein besonders eindrückliches Erlebnis war das hörende Gebet für eine junge Frau. Ich sah ein riesiges Feld mit blauen Blumen. Es hatte für mich keine erkennbare Bedeutung, und dennoch entschied ich mich, es ihr mitzuteilen. Ich werde ihren Gesichtsausdruck nicht vergessen, als sie mir erzählte, dass sie blaue Blumen besonders gern mag und sich in diesem Moment von Gott umarmt fühlte.
Ich fühle mich manchmal wie ein Kind
Ich lasse mich auf diese mir bisher unbekannten Möglichkeiten ein und probiere sie aus. Ich möchte anderen Menschen damit dienen, sie ermutigen und sie für ihr eigenes Leben unter Gottes Führung stärken. Aber ich tue es auch um meinetwillen. Das ist mein ganz persönliches Abenteuer mit Jesus. Und ich entdecke, dass Gott sich dazu stellt. Und das macht mich neugierig auf weitere, bisher nicht beschrittene Wege. Es gibt noch so viel zu entdecken und zu erforschen. Ich fühle mich manchmal wie ein Kind, das am Bach spielt und immer wieder neue faszinierende Dinge entdeckt, die es bisher noch nicht gesehen hat. Gott hat uns wunderbar erschaffen, so sagt er selbst. Wir haben Emotionen, Gefühle, Verstand, Herz, Körper. Wenn wir all dies nicht ganzheitlich einsetzen dürften, warum wären sie denn da? Wir dürfen das alles nutzen, um ihm zu dienen. Unter seine Herrschaft gestellt, wird es zu seinem Dienst geheiligt.
„Aber ich tue es auch um meinetwillen. Das ist mein ganz persönliches Abenteuer mit Jesus. Und ich entdecke, dass Gott sich dazu stellt. Und das macht mich neugierig auf weitere, bisher nicht beschrittene Wege.“
Aber man kann auch ganz böse auf die Nase fallen, das geschieht regelmäßig. Ich falle immer wieder. Wenn ich meine, die eine Sache im Griff zu haben, dann stürze ich auf der anderen Seite vom Pferd. Es ist ein stetes Hinfallen und wieder Aufstehen. Aber so ist das Leben. Jedes Kind, das laufen lernt, fällt unzählige Male, bis es endlich schafft, auf seinen Füßchen zu stehen. Und dann fällt es weitere Male, bis es lernt, sicher zu gehen. Schließlich ist es schon sicher unterwegs, aber beim Rennen stolpert es, stürzt erneut und schürft sich die Knie auf. Das ist alles völlig normal, und wer kann das Kind trösten und seine Tränen trocknen? Die Mama oder der Papa. Wie schön, dass wir sein dürfen wie die Kinder. Fallen, aufstehen, uns trösten lassen, weiter. Fallen, aufstehen, uns trösten lassen, weiter. Ganz so einfach ist es für uns Erwachsene aber wohl nicht mehr. Das Prinzip das Fallens und wieder Aufstehens ist zwar das gleiche, nur wird es durch einen wesentlichen Faktor erweitert: die Vergebung. Fallen, aufstehen, sich vergeben lassen, weiter! Lernen, fest zu stehen und zu laufen. Wachstum zu Jesus hin. Ihm ähnlicher werden. Mit ihm spazieren gehen. An des Vaters Hand bleiben. Treu sein. Sich korrigieren lassen. Lernen. Weiterwachsen. Zeuge für ihn sein. Andere mitnehmen, sie ermutigen. Sie zu Jesus führen. Ihnen beistehen. Wieder einmal fallen, aufstehen. Ganz schön aufregend, finde ich. Schön aufregend. Jeder Tag ist ein neues Abenteuer, und dem jage ich nach.
Judith Schmidts ist mit Hannes verheiratet. Sie arbeitet bei SRS e.V., einer christlichen Sportorganisation mit Sitz in Altenkirchen. Die Autorin diverser Bücher und Mutter von vier erwachsenen Kindern und Schwiegerkindern und bereits neun Enkeln hat in diesem Jahr ein Online-Masterstudium über das Theologische Seminar Rheinland (Kairos) begonnen, weil sie immer tiefer im Wort Gottes „graben“, immer mehr über Jesus erfahren und mehr und mehr so werden will, wie Gott sich das für sie vorstellt.
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