Das Ziel verfehlt

Essay

Der Tennis-Profi scheidet schon in der Vorrunde aus, der Formel-1-Pilot fliegt aus der Kurve und der Fußballclub steigt ab. Die Quartalszahlen der Bilanz werden verfehlt, das Bauprojekt nicht rechtzeitig fertig, eine Beziehung ist zerbrochen und das Abendessen derbe angebrannt. Wen diese Zielverfehlungen aus dem Tritt bringen, sollte sich mit Größerem beschäftigen. Von Dr. Steffen Schulte.

Wer schläft, sündigt nicht. So zumindest heißt es im Volksmund. Wer nichts tut, der kann ja auch nichts Falsches tun, oder? Klingt logisch, beinhaltet aber einen fatalen Denkfehler. Die Bibel zeigt uns da ein anderes, und wie ich glaube, viel besseres, Bild. Wir sündigen nicht nur mit unserem Tun und den Worten, die wir sprechen, sondern auch durch das, was wir nicht tun und nicht sagen. Zu sündigen bedeutet, das Ziel zu verpassen. Das Ziel, gut mit Gott und seinem Nächsten zu leben. Zum richtigen, guten und Gott wohlgefälligen Leben gehört es daher auch, dass wir uns aktiv für andere einsetzen. Dass wir eintreten und die Stimme erheben für diejenigen, die keine eigene Stimme haben oder nirgends Gehör finden. Handeln für diejenigen, die sich selbst nicht helfen können. Wir sollen uns vom Leid anderer Menschen berühren lassen.

Das Herz ist hart

Als Gegenstück zur Liebe wird oft der Hass gesehen. Wer hasst, ist aber noch im Austausch. Er sieht den anderen Menschen noch. Er ist frustriert mit dem Ist-Zustand und vielleicht auch dem bösen Handeln von einzelnen Menschen. Wir sollen oder dürfen zwar nicht alles hassen, aber das Unrecht zum Beispiel schon. Wer den Hass als etwas Unmenschliches ansieht, muss wissen, es gibt noch etwas Unmenschlicheres: die Apathie. Vielleicht ist es deshalb sogar korrekter, nicht den Hass, sondern die Apathie, also die Gleichgültigkeit, als das Gegenstück zur Liebe zu sehen. Wer weder Liebe noch Hass empfindet, sondern nur noch Gleichgültigkeit, der sieht nur noch sich selbst. Er ist nicht mal mehr frustriert. Wer so lebt, lebt nur für sich selbst. Der andere und sein Leid sind dann gar nicht mehr relevant. Das Herz ist hart. In diesem Zustand sind wir weit weg von dem Leben, zu dem Gott uns berufen hat.

„Wer weder Liebe noch Hass empfindet, sondern nur noch Gleichgültigkeit, der sieht nur noch sich selbst.“

Nicht die bösen Taten

Gott ist es wichtig, dass wir das Leid an uns heranlassen und dass wir Gutes tun. Besonders deutlich wird dies in einer Erzählung von Jesus aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 25,31 – 46. Dort beschreibt er eine Gerichtsszene. Zwei Gruppen werden dargestellt. Dabei gibt es zwei große Überraschungen – ich empfehle Ihnen sehr, die gesamte Geschichte nachzulesen.  Zum einen erzählt uns Jesus dort, dass wir ihm selbst dienen, wenn wir den Geringsten helfen. Was für ein Bild! Wir können einen direkten Dienst an Jesus tun. Überraschend ist aber auch, wer die Verurteilten sind. Die Grundlage ihrer Verurteilung sind nicht böse Taten, Lügen oder Ähnliches, sondern dass sie nichts getan haben. Sie haben die Gefangenen nicht besucht und den Durstigen nichts zu trinken geben. Die Grundlage ihrer Verurteilung war das Nichtstun.

Gott ist da

Vielleicht klingt dies für Sie alles gut und richtig, aber auch überfordernd. Es gibt doch so viel Leid in der Welt. So vieles, was man tun könnte und sollte. Wo kann ich anfangen? Ich könnte alles aufgeben und es würde doch keinen messbaren Unterschied machen. Wer um Gott weiß, der kann das Leid der Welt sehen, ohne daran zu zerbrechen. Im Wissen um einen Gott, der mit uns unterwegs ist und diese Welt liebt, kann ich drei Dinge tun: Ich kann meine eigene Apathie vor ihm bekennen und dafür um Vergebung bitten. Dies ist immer der erste Schritt. Nicht auf andere schimpfen, sondern selbstkritisch auf mein eigenes Handeln und Herz schauen. Als Zweites kann ich weinen. Ich kann mit Gott trauern und klagen, dass diese Welt nicht die ist, welche Gott sich für uns wünscht, und ihn um sein Eingreifen bitten. Und letztlich kann ich als dritten Schritt meinen Teil tun, weil ich weiß, ich muss nicht alles tun. Gott ist da. So klein mein Teil auch ist – ich kann wissen, dass Gott alles Leid zu einem Ende und uns Menschen an sein Ziel bringen wird.

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