Wie haben Sie denn laufen gelernt?

Ratgeber

Hin und wieder muss man das Leben wohl auch mal pragmatisch betrachten und aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen. Das meint jedenfalls Philipp Rüsch und schließt uns damit Erkenntnisse auf, die zwar nicht neu, aber oft doch tief in uns verborgen sind.

Vor zwei Wochen hatte ich es morgens auf dem Weg zur Arbeit etwas eilig. Außerdem kam ich von einer Konferenz zurück und musste einiges Material ins Büro transportieren. Dort eingetroffen, fröhlich in die neue Woche startend, stellte ich fest, dass ich meinen Dienstlaptop zuhause vergessen hatte. Also musste ich wieder kehrtmachen und ihn holen. Dummer Fehler. Verschwendete Zeit und Kilometer. Niemand macht gerne Fehler. Und doch unterlaufen sie uns dauernd. Mal sind es kleine Dinge, manchmal schwerwiegende. Die Konsequenzen von Fehlern sind sehr unterschiedlich, können aber oft schmerzhaft oder ärgerlich sein. Ja, es ist o. k., sich über Fehler zu ärgern. Das kann sogar richtig hilfreich sein. Denn wären mir meine Fehler egal, wieso sollte ich sie dann beheben wollen?!

Meister im Fehler machen

Der Schmerz, den ein Fehler in uns auslöst, ist im Idealfall ein Antrieb, aus ihm zu lernen. Und wissen Sie was? Genau diesen Prozess haben Sie schon tausende Male erfolgreich bewältigt. Menschen sind Meister darin, aus Fehlern zu lernen. Wie sonst hätten wir laufen, eine Fremdsprache sprechen oder einen Beruf erlernt? Es gehört zu unserer menschlichen Natur, die Schmerzen eines wunden Knies zu vermeiden und es beim nächsten Mal besser machen zu wollen. In meinem Beispiel habe ich aus meinem Fehler gelernt und lege nun meinen Laptop am Abend vor dem nächsten Arbeitstag direkt in meine Aktentasche. So erspare ich mir in Zukunft hoffentlich den doppelten Arbeitsweg.

„Wir verdrängen die Erinnerung und hoffen, nie mehr in solch eine Situation zu kommen. Was für eine vertane Chance! Das Einzige,was wir so lernen, ist, besser zu vertuschen. “

Mut, aus Fehlern zu lernen

Doch manchmal gibt es Fehler, die wie ein großer Fels auf unserem Lebensweg liegen und uns blockieren. Wir wissen nicht genau, wie wir sie beheben oder mit ihnen umgehen sollen. Allein der Gedanke an diesen ein- oder mehrfach begangenen Fehler jagt uns schon Angst ein. Wir verdrängen die Erinnerung daran und hoffen, nie mehr in solch eine Situation zu kommen. Was für eine vertane Chance! Das Einzige, was wir so lernen, ist, besser zu vertuschen. Ich bin überzeugt, dass der einzige Weg, persönlich zu wachsen und zu reifen, über den bewussten Umgang mit unseren Fehlern geht. Alle wirklich reifen Menschen, die ich kenne, hatten den Mut, aus ihren Fehlern zu lernen. Resigniert vor dem Fels sitzen zu bleiben, ist keine gute Option. Wie also lässt sich der Fels bewegen? Ich glaube, dies ist in drei Schritten möglich. Zunächst einmal müssen wir ihn erkennen. Manchmal hauen wir uns immer wieder die Nase blutig und erkennen nicht, woran. Mit ehrlicher Selbstreflektion können wir den Fehler sichtbar machen. Als zweiten Schritt lassen wir den Felsen deutlich schrumpfen, indem wir uns den Fehler bewusst eingestehen, wo nötig, andere um Vergebung bitten, und vor allem auch uns selbst vergeben (uns selbst nicht zu vergeben ist so, als ob wir den Felsen gar nicht bewegen wollten). Plötzlich hat der Fehler nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Gewichts. Und zu guter Letzt, falls sich dieser Fels immer noch kaum bewegen lässt, holen wir uns Hilfe. Je nach Art des Felsens benötigt es einen Seelsorger, einen fachlichen Experten oder einfach nur einen guten Freund, der mit anpackt.

Kein Fehler ist zu groß, um sich so nicht bewegen zu lassen, und jeder bietet uns Chancen zu lernen und zu wachsen. Bewusst mit unseren Fehlern umzugehen und sie nicht zu verharmlosen, zu verheimlichen oder zu vergeistlichen, birgt ein unerschöpfliches Wachstumspotential für unsere innere Reife. Aber es braucht Mut, diese Verantwortung wahrzunehmen. Der nächste Fehler, an dem ich gerade arbeite? Lieber bei Gelb nicht mehr aufs Gaspedal treten …

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