Hier läuft doch irgendwas gewaltig schief!
Bibel erklärt
So oder ähnlich könnte die Annahme der Israeliten damals gewesen sein. Denn ihre vermeintlich sichere Stellung als erwähltes Volk Gottes schien sich in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. Eva Dittmann nimmt sich dessen an und sorgt dafür, dass der Nebel sich lichtet.
Jahrelang hatte der Prophet Jeremia versucht, das Südreich Juda wachzurütteln, seine Bewohner zur Umkehr zu motivieren, sie vor dem anstehenden Gericht Gottes zu warnen. Doch das war absolut vergeblich. Sie wollten einfach nicht daran glauben, dass es ihnen so ergehen könnte wie dem Nordreich Israel, das schon vor über einem Jahrhundert von den Assyrern verschleppt worden war. Schließlich gab es unter ihnen genügend (falsche) Propheten, die ihnen trotz der offensichtlichen Gefahren immer eine heile Welt vorgegaukelt hatten. Und dann geschah es doch! Total überrumpelt fanden sie sich plötzlich in Babylon wieder. Denn Nebukadnezar hatte das Reich eingenommen, den Tempel zerstört und große Teile des Volkes verschleppt. Wie sollte es bloß weitergehen – hier in diesem fremden Land? Sie fühlten sich entwurzelt. Heimatlos. Und (gott)verlassen. Ja, sie fühlten sich ihrem Schicksal vollkommen ausgeliefert. Wo war denn der Gott ihrer Väter, als sie dieser militärischen Großmacht ausgeliefert waren? Und wo sind nun alle seine Verheißungen, die er ihnen zugesprochen hatte? Scheinbar waren sie einfach verpufft. Doch Gott schreibt auch hier seine Heilsgeschichte weiter. Er bleibt auch hier seinen Verheißungen treu. Und so beauftragt der Herr Jeremia damit, die entmutigten Deportierten auf den Boden der Heilsgeschichte zurückzuholen. In einem Brief richtet der Prophet drei klare Botschaften an diese Menschen:
Erstens: vertraut auf den, der die Heilsgeschichte schreibt.
Klar, voller Verzweiflung klammerte sich das Volk an jedes Fünkchen Hoffnung. Viele falsche Propheten nutzten dies aus und bereicherten sich daran, den Verschleppten eine baldige Rückkehr zu versprechen (Jer. 29,8 – 9). Doch Gottes weitsichtiger Plan sieht oft anders aus, als wir uns das vorstellen oder erhoffen. Ganze siebzig Jahre sollte das Volk an diesem Ort bleiben. Obwohl sie das noch nicht nachvollziehen konnten, sollte diese Zeit eine wichtige Phase der Heilsgeschichte werden.
„Denn äußere Umstände – so schlimm sie auch sein mögen – sind nie ein Hinderungsgrund für eine tiefe Gottesbeziehung. Und sie sind nie das Ende seiner Heilsgeschichte.“
Zweitens: Heimat ist da, wo Gott Heilsgeschichte schreibt.
Jeremia macht dem Volk deutlich, dass das Exil nicht das Ende ihrer besonderen Beziehung zu Gott bedeutet. Ganz im Gegenteil! Es bedeutet nur, dass sie neu lernen müssen, mit Gott zu leben. Ihm anders begegnen müssen. Denn äußere Umstände – so schlimm sie auch sein mögen – sind nie ein Hinderungsgrund für eine tiefe Gottesbeziehung. Und sie sind nie das Ende seiner Heilsgeschichte. Ganz pragmatisch fordert Jeremia das Volk daher auf, sich in Babylon voll Zuversicht und Demut wie zu Hause zu fühlen (29,4 – 6). Dort aufzublühen, wo Gott sie hingeführt hat.
Drittens: Gott schreibt seine Heilsgeschichte mit den Menschen.
In erster Linie war die Zeit im Exil natürlich Gottes strafendes Handeln an seinem Bundesvolk. Er wollte sie bewusst herausreißen aus ihrem Alltagstrott und sie durch die Entwurzelung neu auf ihn ausrichten. Doch Gott nutzt auch diesen „heilsgeschichtlichen Schlenker“ für seine langfristigen Ziele. Und so fordert er sein Volk dazu auf, den Babyloniern zum Segen zu werden. Für sie zu beten. Ihr Wohlergehen zu suchen (29,7). Denn Gottes Heilsgeschichte gilt allen Menschen. Und letztendlich bereitet diese tragische Situation – das Gottesvolk in der Fremde – die Nationen für das Evangelium vor, das sie in einigen hundert Jahren erreichen sollte.
Alle, die sich dieser Heilsgeschichte unterordnen, wissen, dass die Teilhabe an Gottes Heil keineswegs ein Leben ohne Schwierigkeiten oder Prüfungen ist, sondern eine versöhnte Beziehung zu unserem Gott. Und so können Jeremia, die Menschen im Exil und wir Christen in der Fremde im Licht des gekreuzigten Christus die Zusage Gottes bestätigen: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung“ (29,11).
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