Nur noch kurz die Welt retten
Ratgeber
Die Palette von fair gehandelten Produkten wird immer größer. Neben Lebensmitteln wie Kaffee, Bananen oder Schokolade gibt es mittlerweile auch fair gehandelte Blumen, Kleidung, Spielzeug und Elektronik. Fast könnte man meinen, während des täglichen Einkaufs ein Stück weit die Welt retten und Gerechtigkeit schaffen zu können. Nicole Schmidt sagt, ob das stimmt.
Bei Fair Trade, also fairem Handel, müssen die Hersteller der Waren bestimmte Kriterien einhalten. Kleinbauern erhalten einen Mindestpreis für ihre Waren, auch wenn der Marktpreis niedriger ist. Dies sichert ihnen ein verlässliches Einkommen, das mindestens die Produktionskosten deckt. Hinzu kommen vorgeschriebene Umwelt- und Sozialstandards wie zum Beispiel das Verbot von Kinderarbeit. All das klingt gut und vernünftig. Es scheint so einfach zu sein, die Menschen am Anfang der Produktionskette gerecht für ihre Arbeit zu entlohnen. Doch immer wieder wird auch Kritik laut.
Da wäre zunächst der zu geringe Anteil an fairen Zutaten in sogenannten Mischprodukten, wie zum Beispiel Eis, Müsli oder Keksen. Sie wirken durch das Siegel, als seien sie 100 Prozent fair, müssen aber nur, je nach Siegel, einen Anteil von mindestens 20 bis 50 Prozent fair gehandelter Waren enthalten. Der tatsächliche Anteil am Endprodukt ist in der Zutatenliste erkennbar. Es gilt jedoch, dass alle Zutaten, die prinzipiell als Fair-Trade-Rohstoff verfügbar sind, auch aus fairen Quellen bezogen werden müssen. Ein weiterer Kritikpunkt ist der sogenannte Mengenausgleich. Fair-Trade-Waren werden dabei mit herkömmlichen Waren gemischt. So können faire Produkte konventionelle Rohstoffe enthalten, aber auch umgekehrt. Auf der Packung muss dann der Hinweis „mit Mengenausgleich“ aufgeführt werden. Dahinter stecken verschiedene logistische Probleme. Die Absatzmengen sind dann zum Beispiel nicht groß genug um die Waren zu trennen. Mengenausgleich ist nur erlaubt bei Fruchtsäften, Zucker, Tee und Kakao, die ohne Mengenausgleich nur schwer am fairen Handel teilnehmen könnten. Zudem kritisieren Verbraucherschützer immer wieder die Unübersichtlichkeit der verschiedenen Siegel, da jede Organisation ihre Richtlinien selbst definiert. Bei Prüfung der einzelnen Labels ist aber erkennbar, dass sich alle, ob bekannte Logos oder Discounter-Siegel, um eine faire Bezahlung der Produzenten bemühen. Manche Logos bieten jedoch höhere Standards als andere.
Ungeachtet aller – auch berechtigten –Anfragen sind sich doch die meisten Kritiker einig: Fair Trade ist gut und wichtig. Denn viele Studien belegen, dass der faire Handel einen bedeutenden Entwicklungsbeitrag leistet. Fair zu kaufen, ist eine bewusste Entscheidung. Zunächst einmal macht man sich als Verbraucher Gedanken darüber, dass sich die Regale des Supermarktes nicht von selbst füllen, sondern dass es Menschen gibt, die Kaffee ernten, Baumwolle pflücken oder ein Smartphone montieren. Zwischen diesen Menschen und dem Kunden liegt jedoch nicht nur die Verkaufstheke, sondern eine Vielzahl an Zwischenhändlern. Die Mechanismen, die günstige Endpreise überhaupt möglich machen, bleiben verborgen. Überwiegend ist Ausbeutung dabei die Norm und nicht die Ausnahme. Doch der Verbraucher generiert die Norm. Kauft er vor allem faire Produkte, dann hat das eine Signalwirkung für die Unternehmen. Natürlich rettet man mit dem Kauf von fairem Kaffee noch nicht die Welt. Politische und soziale Zustände lassen sich nicht von heute auf morgen verändern. Fairer Handel ist einer von vielen Bausteinen in einem komplexen System der Armutsbekämpfung und der nachhaltigen Entwicklung. Aber jeder Anfang ist ein Anfang und somit ein Prozess. Was spricht also dagegen, das ein oder andere fair gehandelte Produkt in den Einkaufswagen zu legen? Dem Verbraucher wird es leichtgemacht: Die faire Wahl liegt meist nur eine Armlänge vom Gewohnten entfernt.
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