Suche Frieden und jage ihm nach

Bibel erklärt

Ein Satz aus früheren Zeiten, tatsächlich aus sehr viel früheren Zeiten, entfaltet seine Bedeutung und Wirkung auch heute noch, im Hier und Jetzt. Pascal Würfel wendet ihn auf den Alltag an und hilft so, die Bibel als Sammlung alter Schriften ganz aktuell zu begreifen.

Große Pause in einer Grundschule. Irgendwo in Deutschland. Endlich frische Luft. Raus aus dem Klassenzimmer. Die Kinder strömen ins Freie. Alles scheint friedlich. Auf einmal: Eine Rangelei. Zwei Drittklässler geraten aneinander. Scheinbar grundlos schubst der Eine den Anderen. Und der Andere schubst zurück. Tim und Lena liegen auf dem Boden, eine Lehrerin trennt sie mühevoll. Zurück im Klassenzimmer kommt es zum Gespräch. Klassenrat. Das Problem geht alle an, denkt sich die Klassenlehrerin. Sie verlangt gegenseitige Entschuldigungen, eine Nachdenkarbeit für beide. Tim stöhnt laut auf: „Oh Mann, ist das anstrengend!“ 

Tim hat was verstanden

Ich glaube: Tim hat mit seinen neun Jahren schon etwas ganz Wichtiges richtig verstanden: Ja, für Frieden sorgen ist manchmal anstrengend. Das kostet oft Mühe und viel Kraft. Und vielleicht meint das auch der Beter des 34. Psalms, wenn er im 15. Vers davon schreibt, man solle vom Bösen ablassen und Gutes tun, den Frieden suchen und ihm nachjagen. Im hebräischen Urtext meint das Verb „verfolgen“ „etwas intensiv nachjagen“. Es strengt also tatsächlich an, diesen Frieden zu suchen, von dem hier die Rede ist. Der gesamte Psalm ist ein Gebet voller Dankbarkeit. Von einem, der den Herrn lobt zu jeder Zeit (Vers 2) und sich darüber freut, dass er ihn aus schwerer Not gerettet hat (Vers 7). Dieser Beter, so scheint es, möchte seine Freude mitteilen und davon berichten, wie es auch anderen gelingen kann, sich von Gott aufrichten zu lassen. Vers 15 ist da ein wichtiger Ratschlag. So wichtig, dass ihn Petrus in seinem ersten Brief aufnimmt und weitergibt (1. Petrus 3, 11). Hier wie dort scheint es wichtig, seine eigene Lebensführung zu überdenken, mit sich im Reinen zu sein. Und so einen Beitrag zum Frieden zu leisten. Vielleicht einen, der Anstrengung kostet. Der Mühe macht. Aber einen Beitrag, der den Blick weg lenkt von mir – hin zu Gott. Und das bringt mich zum Nachdenken. Über meinen eigenen Beitrag zum Frieden. 

Was ich verstehen muss

Vielleicht ist mein Beitrag für den Frieden tatsächlich, erst einmal bei mir anzufangen. Vielleicht kaufe ich mir den Schrebergarten ein paar Straßen weiter und akzeptiere, dass mein Gehalt und die derzeitige Wohnungslage kein Haus im Grünen in der Stadt zulassen, ich aber trotz Enttäuschung damit leben kann. Denn wenn ich Frieden in meinem Herzen finde, dann kann ich mich auch um den Frieden in meiner Stadt, um Frieden für andere Menschen kümmern. Und ihm nachjagen. Der Schrebergarten ist vielleicht der erste Schritt dorthin.

„Wendet euch ab von allem Bösen und tut Gutes! Setzt euch unermüdlich und mit ganzer Kraft für den Frieden ein! Denn Gott sieht mit Freude auf solche Menschen.“

Vielleicht ist mein Beitrag für den Frieden, dafür zu sorgen, dass Menschen in schwierigen Lebenssituationen Anschluss finden und ihnen geholfen wird. Dass sie ihre Situation akzeptieren lernen, ohne zu verzweifeln oder dabei stehenzubleiben. Die Idee der Vesperkirchen in vielen Gemeinden Deutschlands ist dafür ein so gutes Beispiel: Schon seit über 20 Jahren helfen viele Ehrenamtliche pro Tag dabei mit, dass sich Menschen einen Monat lang keine Sorge um ihr Mittagessen machen müssen. 

Vielleicht ist mein Beitrag für den Frieden, davon zu erzählen, was mir Hoffnung gibt und mich nicht verzweifeln lässt. Unaufgeregt, aber doch bestimmt, Gott und meinen Glauben ins Gespräch zu bringen. Zivilcourage zu zeigen. Beim Plausch mit der Nachbarin. In der Kantine beim Mittagessen. Beim Sport am Abend. Vielleicht bedeutet es, dem Frieden nachzujagen, mehr Menschen auch mehr davon erzählen, was ihnen guttut. 

Vielleicht ist mein Beitrag für den Frieden, die linke Wange hinzuhalten, eine Extra-Meile zu laufen oder mein letztes Hemd zu geben. Und damit einzutreten für eine Kultur der Hilfsbereitschaft und Gerechtigkeit. Nicht der Willkür, sondern des Respekts unter- und füreinander. 

Tim und Lena haben die Lektion aus ihrem Streit gelernt und sich mittlerweile wieder vertragen. Weil sie gemerkt haben, dass es sich lohnt, in Frieden zu leben. Trotz der Anstrengung, die das vielleicht manchmal kostet.

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