Genieß das Leben!
Kolumne
Was los ist, wenn nichts los ist, kann manchmal ganz schön was lostreten. Meint zumindest unser Kolumnist Steve Volke, der entschlossen scheint, das Leben zu genießen, solange er es hat. Dass er zu dieser Erkenntnis etwas Starthilfe brauchte, macht sie nicht weniger bedeutsam. Aber es macht Mut für die, die noch murren.
Das ist ein Umarmen und Feiern. Viele Menschen auf einem Fleck, in einem Pub oder in einem Restaurant. Man begegnet sich wieder frei und unbeschwert, isst ein Eis miteinander oder trinkt einen Cappuccino, einen Kaffee oder ein Bier. Lange nicht gesehen – und doch wieder wahrgeworden. Nicht bei uns, aber in England und in Portugal. Neid, Mitfreude, Besorgnis? In jedem Fall im Mai 2021 nur eine Momentaufnahme.
Ganz schön einsam
Was mir in dieser Pandemie-Zeit bisher am meisten auf die Nerven gegangen ist, war, dass mir keiner auf die Nerven gegangen ist. Jedenfalls nicht direkt in meiner Nähe. „Social Distancing“ hat in die Einsamkeit geführt. Nicht wirklich – zumindest nicht mich – aber gefühlt mit jedem weiteren Tag ein Stückchen mehr. Natürlich ist da meine Frau, die ich selten so viele Tage hintereinander gesehen habe wie in der bisherigen Pandemie. Natürlich sind da auch – viel zu selten – die Kinder und das Enkelkind, mit denen wir die Kontaktbeschränkungen fast schon spielerisch von Situation zu Situation, von Fest zu Fest neu austaxieren mussten. Natürlich gab es auch Präsenz-Gottesdienste mit wechselnden Besetzungen und auch ab und zu – im kleinsten aller kleinen Kreise – ein Treffen mit Freunden. Meistens waren es zwei, bis auf die Zeit, wo es nur einer sein sollte. Also war es in der Zeit keiner. Wer will schon nur mit einer weiteren Person feiern und fröhlich sein? Trotzdem gab es auch in dieser kontaktarmen Zeit etwas zu feiern und zu genießen. Es waren die kleinen Momente mit meiner Frau, den Kindern, den Freunden – aber sie waren seltener als früher.
Ganz allein feiern?
Es braucht viele Familienmitglieder oder Freunde, um richtig zu feiern und das Leben – oder sollte ich besser sagen: die Momente des Lebens – zu genießen. An Anlässen fehlte es bisher kaum, aber während einer Pandemie sind sie so selten geworden, weil die Gesamtstimmung nicht wirklich zum Feiern animiert. Haben wir in der Vergangenheit vielleicht zu viel gefeiert, zu viel genossen, zu viel auf den Putz gehauen? Bevor Sie jetzt eine weitere Weltverschwörungskolumne erwarten, die Ihnen das gute Leben mies macht, seien Sie unbesorgt. Darum geht es hier nicht. Das Leben feiern, etwas genießen, das tat auch Jesus. Ist es nicht bemerkenswert, dass sein erstes öffentliches Wirken bei einer großen Hochzeit geschah? Sein erstes Wunder übrigens auch. Er half einem Bräutigam aus der Patsche, der etwas kleinlich kalkuliert hatte. Dank Jesus endete die grandiose Feier schließlich nicht mit Wasser, sondern mit Wein.
Ganz im Jetzt!
Der Prediger im Alten Testament, der sicher an der einen oder anderen Stelle ein wenig mehr positives Denken hätte vertragen können, kommt nach seinem Lamentieren zu einem überraschenden Schluss. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen: Das Beste, was der Mensch tun kann, ist, sich zu freuen und sein Leben zu genießen, solange er es hat. Wenn er aber zu essen und zu trinken hat und genießen kann, was er sich erarbeitet hat, dann verdankt er das der Güte Gottes. (Prediger 3,12-13) Was das heißen kann, haben mir ausgelassen herumspringende Christen in einem Gottesdienst in einem Slum in Kenia beigebracht. Auf meine erstaunte Frage, warum sie denn so ausgelassen sind und was sie denn hier eigentlich feiern würden, kam eine kurze, ehrliche und mich ins Herz treffende Antwort: „Wir feiern, dass wir eine weitere Woche überlebt haben!“ Der wahre Grund zum Feiern in einer mir – auch durch die Pandemie – immer fremder gewordenen „Einen Welt“.
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