Vatergott - Mach´s wie Jesus, nenn´ ihn Abba
Essay
Warum der Gott der Bibel und seine Bedeutung für diese Welt so einzigartig sind, erklärt Ekkehart Vetter. Dass er dabei nicht ohne immer wiederkehrende Bibelzitate und die Angabe der jeweiligen Referenz auskommt, macht das flüssige Lesen zwar etwas schwieriger, ist im Sinne einer soliden Antwort aber unabdingbar. Also tauchen Sie ein und lassen sich mitnehmen in die beständigste aller Quellen.
"Das Transfinite mit seiner Fülle von Gestaltungen und Gestalten weist mit Notwendigkeit auf ein Absolutes hin, auf das 'wahrhaft Unendliche', an dessen Größe keinerlei Hinzufügung oder Abnahme statthaben kann." Schlaue Menschen haben schlaue Sachen gesagt, wenn sie sich über Gott, besser: über das, was sie sich in Bezug auf Gott vorstellen, geäußert haben. Er ist für die einen das „reine Sein“, für andere eine von Menschen produzierte „Angstmaschine“, für wieder andere „die Idee vom Sinn und inneren Zusammenhang allen Lebens“.
Nicht klein und passgenau
Ganze Bibliotheken kann man füllen mit der Interpretation einer berühmten Definition Gottes in der Bibel selbst, aus seinem Mund: „Ich bin, der ich bin“ (2. Mose 3,14). Leichter wird es auch nicht, wenn man andere Übersetzungen bevorzugt: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Klingt ganz so, als wollte sich der Ewige nicht klein und passgenau designen lassen für die sündenfallbeeinflussten grauen Zellen seiner Geschöpfe. Ein Gott, dessen Selbstvorstellung sich nicht quadratisch-praktisch-gut in die konfessionellen Bierdeckelhorizonte seiner so höchst unterschiedlichen Gläubigen theologisch hineinformen lassen will.
Angesichts so vieler religionsphilosophischer Höhenflüge, – sei es seinerzeit auf dem Denkmarktplatz in Athen, dem Areopag (Apostelgeschichte 17), sei es im Umfeld der Gemeinde in Kolossä („Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie und leeren Trug, die der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt folgen …“ - Kolosser 2,8) – mutet es geradezu grotesk und unverantwortlich vereinfachend an, wenn Jesus seinen Zuhörern – müssen es nicht angesichts dieses Tipps durch und durch schlichte Gemüter gewesen sein? – einen Vorschlag macht, der den religiös Hochgebildeten seiner Zeit vermutlich im Halse stecken blieb.
Wer wagt es, so intim zu reden?
Jesus thematisiert in seiner berühmtesten Rede, der Bergpredigt, das Gebet. Und gibt dabei eine unerhörte Empfehlung: Den Schöpfer des Himmels und der Erde, den ewigen Herrn der Heerscharen, den Allmächtigen, den sollen seine Zuhörer mit „Unser Vater“ ansprechen! Und in Gethsemane, als die Schlinge um seinen Hals sich immer enger zog, setzt er noch einen drauf: „Abba, Vater!“ (Markus 14,36). Abba – Papa, Vati – wer wagt es, so unerhört persönlich, so intim vertraulich, mit dem allmächtigen Gott zu reden? Abba – das erinnert an das noch nicht als Sprechen zu bezeichnende erste Stammeln eines Kleinkindes, und jeder Vater erinnert sich an die Faszination, wenn er mit einem Mal realisiert: Diese unbeholfen aneinander gereihten Silben meinen ja mich – Papa!
„Mit einem Mal steht nicht mehr hochtrabende Religionsphilosophie im Vordergrund, – mit einem Mal wird Er angesprochen.“
„Abba Vater!“ Mit einem Mal steht nicht mehr hochtrabende Religionsphilosophie im Vordergrund, brillieren nicht die Superschlauen mit faszinierenden theologischen Gedankengebäuden, mit einem Mal wird nicht mehr über Gott spekuliert und theologisiert – mit einem Mal wird Er angesprochen: So einfach, so schlicht, so persönlich, wie es nur irgend denkbar ist – „Abba, Vater!“ Unerhört einfach! Krass! Jedes Kind kann das. Jesus macht es vor, er selbst lädt dazu ein: Gott (zum) Anfassen!
Den größten Schatz beschrieben
Viele Jahrhunderte sind ins Land gegangen. Unzählige Menschen, dutzende Generationen von Christen, Millionen und Abermillionen von Gläubigen haben es immer wieder ausgesprochen: „Vater unser!“ Die einen beschreiben damit den wohl größten Schatz, den anderen geht es auswendig gelernt von den Lippen, aber es ist und bleibt die einzigartige Bedeutung Gottes für diese Welt: Der Schöpfer Himmels und der Erden, der da war, der da ist und der da kommt, wurde in Jesus der im doppelten Sinne des Wortes heruntergekommene Gott, der Allmächtige zum Anfassen, der Ewige, der uns einlädt, mit der schlichtesten und denkbar persönlichsten Anrede eine Beziehung zu Ihm zu suchen: „Abba“!
Vater unser – spätestens jetzt fällt jede Distanz, spätestens jetzt braucht es keine sakralen Räume mit Nachhall mehr, spätestens jetzt braucht es nicht mehr tiefschürfende theologische Bildung um sich Gott „irgendwie“ zu nähern. Es geht ganz einfach: „Abba!“
Lebensqualität auch an stürmischen Tagen
Gedankliches Störfeuer verursachen wir höchstens selbst, wir Menschen, wir unvollkommene, oft schwierige und nicht anwesende Väter, die es unseren Kindern schwermachen, vertrauensvoll und fasziniert Gott als „Vater“ zu entdecken. Alle miteinander brauchen wir Heilung von dem Vater im Himmel, der „Gutes gibt denen, die ihn bitten“ (Matthäus 7,11)! Und „er wird die Herzen der Väter ihren Kindern und die Herzen der Kinder ihren Vätern zuwenden“ (Maleachi 3,24). Wer sich auf diese „Unser Vater“-, diese Abba-Entdeckungsreise macht, wird finden, was er oder sie sucht. Es wächst Schritt für Schritt eine Gewissheit, die in guten, aber auch in stürmischen, Tagen echte Lebensqualität bedeutet: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch“ (1.Johannes 3,1)!
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