Er wird sich drum kümmern

Theologie

Was hier ein wenig grob klingt, ist im Grunde ein guter Gedanke Davids. Einer, der uns an Wesentliches erinnert, der ermahnt und ermutigt. Nicht einfach leicht dahergesagt oder gar leichtfertig, sondern im Alltag erprobt. David weiß, wovon er spricht, als er Psalm 37 schreibt. Simone Flad fasst das zusammen und meint: Gott macht es gut.

Wir Menschen sehnen uns nach einem gelingenden, erfüllten Leben. Wir suchen nach dem, was uns glücklich macht. Zu kurz kommen will wohl niemand. Wir vergleichen uns und wollen das, was den anderen scheinbar glücklich macht, auch haben oder erleben. Die Angst, zu kurz zu kommen, zeigt sich früh im Leben, zum Beispiel, wenn wir mindestens so viel Schokolade wie der Bruder bekommen wollen, und hört später noch lange nicht auf, wenn es zum Beispiel um die Besetzung einer begehrten Arbeitsstelle geht. Alles, was aus unserer Sicht zu einem erfüllten und glücklichen Leben gehört, wollen wir haben. Dazu müssten sich dann natürlich unsere Wünsche erfüllen. Stimmt das? Psalm 37 gibt uns eine Spur einer Antwort darauf. Es ist ein kunstvoll verfasster Psalm. David hat sich offensichtlich viele Gedanken über dieses Lied gemacht. Der hebräische Text ist dem hebräischen Alphabet entlang aufgebaut, – pro Buchstabe zwei bis drei Verse. Ich konzentriere mich hier vor allem auf die Aufforderungen aus den ersten sieben Versen. Man könnte sagen, dass sie den ganzen Psalm zusammenfassen.

Vertrauen und Treue

Es geht zuerst um unsere Neigung, uns zu vergleichen – und zwar in diesem Fall mit Menschen, die nicht nach Gott fragen, aber scheinbar erfolgreich sind. Wie schnell fokussieren wir uns auf sie, sind neidisch und ärgern uns über sie. David sagt, so soll es nicht sein. Ihr Erfolg und Glück sind vergänglich. Unser Fokus soll stattdessen auf Gott liegen, auf ihn sollen wir hoffen und nicht auf den Erfolg anderer. Das Hoffen in Vers 3 (und später in Vers 5) ist kein Hoffen im Sinne von „hoffentlich wird das Wetter morgen schön“. Nein, es geht um mein Vertrauen. Ich soll meine ganze Hoffnung auf Gott setzen. Alles auf eine Karte setzen – auf ihn. Auf dieser Grundlage sollen wir dann leben und handeln: Tu Gutes, mach dich nicht vom Acker („bleibe im Land“) und geh treu deinen Aufgaben nach.

Wonne und Entzücken

In Vers 4 steht dann aber ein erstaunlicher Satz: Gott wird dir geben, was du dir von Herzen wünschst. Krass, oder? Allerdings gehört das „Freu dich über den Herrn“, das da zuerst steht, ganz eng dazu. Freuen ist hier eigentlich ein zu schwacher Ausdruck. Es geht um ein tiefes Glück. Manche alten Wörter sind da bedeutungsvoller oder ausdrucksstärker. Luther übersetzt: „habe deine Lust am Herrn“. Oder wir könnten die Ausdrücke Wonne, Entzücken oder Glückseligkeit nehmen. Kurzum: Von Gott sollen wir unser Glück erwarten. Er in Person soll unsere Freude sein. Wenn das so ist, dann gehen auch unsere Herzenswünsche in diese Richtung – nämlich von uns weg und zu Gott hin. Um diese Einstellung beten wir mit dem Satz „dein Wille geschehe“ im Vaterunser. Er bedeutet nicht, dass meine Wünsche immer hintenanstehen müssen. Im Gegenteil: Meine Wünsche sollen sich immer mehr Gottes Wünschen angleichen – und sie werden sich erfüllen!

Wünschen und wagen

Unsere Wünsche prägen stark unsere Vorstellung vom Leben. Als junge Erwachsene konnte ich mir nicht vorstellen, dass man 30 Jahre alt und glücklich sein konnte, wenn man keine Familie hätte. Mein Wunsch war, zu heiraten und Kinder zu haben. Das stellte ich mir unter meinem glücklichen, erfüllten Leben vor. Dann kam – Gott sei Dank! – der Zeitpunkt, wo Gott mir durch sein Wort und verschiedene Situationen zeigte, dass ich ihm das überlassen solle. Dass ich ihm mein Leben anvertrauen könne und er es gut mit mir machen würde. Auch wenn es vielleicht anders aussehen sollte, als ich es mir vorgestellt und so sehnlichst gewünscht hatte. Letztlich habe ich es gewagt und Gott die Ausgestaltung meines Lebens anvertraut. Das ist nun ziemlich genau 30 Jahre her und ich habe es nie bereut! Mein Leben lief sehr anders, als ich es mir ursprünglich gewünscht hatte. Aber trotzdem hat sich mein tiefster Wunsch erfüllt: ein erfülltes Leben zu führen an der Hand Gottes.

 

„Mein Wunsch war, zu heiraten und Kinder zu haben. Das stellte ich mir unter meinem glücklichen, erfüllten Leben vor.“

Wälzen und hoffen 

Die nächsten beiden Aufforderungen aus Psalm 37 erklären das noch genauer. Vers 5: Lass den Herrn deinen Weg bestimmen, vertrau auf ihn, und er wird handeln. Viele kennen ihn in der Luther-Übersetzung auswendig: „Befiel dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohlmachen.“ Mein Wege Gott anbefehlen. Wörtlich steht da: meine Wege auf Gott abwälzen. Gott mein Leben anzuvertrauen, ist nicht immer einfach. Es widerspricht unserem Gefühl und allem, was wir um uns herum so hören. Es ist manchmal so schwer, wie einen großen Stein zu wälzen. Aber es befreit, denn der Stein (mein Lebensweg) liegt dann auf Gott. Er soll sich darum kümmern. Und er wird es tun. Manchmal müssen wir warten, bis wir das sehen können. Vers 7: Überlass dich ruhig dem Herrn und warte, bis er eingreift. Und es erfordert Vertrauen, sonst würden wir das nie wagen. Aber die ganze Bibel und viele Menschen heute bezeugen: Gott ist vertrauenswürdig! Wir können unser Leben ihm überlassen. Er wird es wohlmachen! Auch wenn wir es nicht gleich sehen können.

Sehen und verstehen

Diese Entscheidung, mein Leben auf Gott abzuwälzen, muss ich immer wieder neu treffen. Immer wieder kommen Situationen, wo ich meine konkreten Vorstellungen davon habe, wie mein Glück aussehen sollte – in kleinen wie in großen Dingen. Da ist immer wieder neu mein Vertrauen in Gott gefordert, mein Vertrauen darauf, dass er sich kümmern wird. Manchmal sehen wir es sehr bald, wie Gott vorgeht. Manchmal müssen wir (gelassen) warten, bis wir Gottes Handeln sehen und verstehen. Blaise Pascal (1623–1662), der große französische Mathematiker und Philosoph, sagte es so: „Es ist nicht auszudenken, was Gott aus den Bruchstücken unseres Lebens machen kann, wenn wir sie ihm ganz überlassen.“ Unser Leben Gott überlassen. Psalm 37 spricht davon, wie das gehen kann: unser Leben nicht mit dem anderer vergleichen. Gott vertrauen und da leben und wirken, wohin er uns gestellt hat. An ihm unsere Freude haben. Unser Leben auf ihn abwälzen. Ihn ganz bewusst machen lassen. Und, wenn nötig, in Ruhe auf ihn und sein Eingreifen warten. Das ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben.