Wenn Toleranz zu Begeisterung wird
Kolumne
Das Tal von Mathare. Einer der drei großen Slums mitten in Nairobi, der Hauptstadt von Kenia. Hier leben Hunderttausende in Blechhütten, die sich eng gedrängt durch das Tal ziehen. Mittendrin ein stinkender Fluss, von dem die Menschen hier sagen, er sei so vergiftet, dass nicht einmal Bakterien darin überleben könnten. Auf einer Müllkippe ist eine Kirche entstanden, die viele Jahre von den Gang- und Bandenbossen nur argwöhnisch toleriert wurde. Das hat sich gravierend geändert. Steve Volke berichtet, was passiert ist.
Sein Name ist Pastor Joel. Er lebt seit fast 40 Jahren in der Hölle des Slums von Mathare in Nairobi. Mit ihm leben ca. 800.000 Menschen in dem größten Dreckloch des Landes. Kriminalität, Drogen, Prostitution und Gewalt prägen das Leben dort. Doch es gibt Hoffnung, durch Menschen wie ihn. Seit fünfzehn Jahren ist er der Pastor einer kleinen Kirche, die auf einer Müllkippe gebaut ist. Zu seiner Kirche gehören 300 Erwachsene,von denen in den letzten Jahren etwa die Hälfte den Weg raus aus der Hölle gefunden hat. Es geht ihnen wirtschaftlich etwas besser, und so konnten sie in eine weniger gefährliche Gegend umziehen. Sie kommen trotzdem immer wieder zurück. Jeden Sonntag, um mit Pastor Joel und den anderen Christen Gottesdienst zu feiern und ein Zeichen zu setzen, dass Armut nicht das letzte Wort hat.
Christliche Werte? Nein, danke!
Die Christen sind den Gang- und Bandenbossen viele Jahre ein Dorn im Auge. Christliche Werte wollen so gar nicht in das kriminelle System passen. Daher werden alle Anträge auf Erweiterung des Gemeindehauses oder das Angebot, die Müllkippe freizuräumen, brüsk abgelehnt. Doch vor zehn Jahren machte die Kirche von Pastor Joel der Kommune ein unwiderstehliches Angebot: „Wir bauen eine Grundschule für die Kinder im Tal.“ Ein kleines Feld nicht weit entfernt vom Gemeindehaus wird zur Verfügung gestellt. Mit viel Eigenleistung arbeiten die Kirchenmitglieder fast jeden Tag ehrenamtlich, um diese Schule zu errichten. Mit Spendengeldern von Christen, unter anderem auch aus Deutschland, kann die mehrstöckige Schule 2019 fertiggestellt und eröffnet werden. Die ersten Kinder nehmen am Unterricht teil. Heute sind es über 400 in mehreren Klassen.
„Der Gemeinde wird die komplette Müllkippe geschenkt, was ein größerer Segen ist, als wir uns mit unserem westlichen Gedankensystem überhaupt vorstellen können.“
Begeisterung greift um sich
Der Wind dreht sich, denn auf einmal merkt der gesamte Slum den Unterschied: „Die Christen sorgen für Bildung, die Christen kümmern sich um unsere Kinder, die Christen versorgen uns mit Nahrungsmitteln und sorgen mit dieser Schule dafür, dass es unseren Kindern besser geht und sie eine Zukunft haben.“ Selbst hartgesottene Bandenbosse erkennen die Veränderung und suchen das Gespräch mit Pastor Joel und seiner Gemeinde: „Weil ihr so viel für unsere Kinder tut, wollen wir euch auch etwas Gutes tun.“ Der Gemeinde wird die komplette Müllkippe geschenkt, was ein größerer Segen ist, als wir uns mit unserem westlichen Gedankensystem überhaupt vorstellen können. Heute ist es keine Müllkippe mehr. Die Mitglieder der Gemeinde haben den Müll weggeräumt, die Erde abgetragen, Fundamente gelegt für ein neues Gemeindehaus.
Ein sichtbares Hoffnungszeichen im Tal der Hoffnungslosigkeit. Die Gemeinde wird nicht mehr nur toleriert, sondern sie wird ins gesellschaftliche Leben des Slums integriert. Durch die Schule kommen viele Bewohner dieser trostlosen Gegend in Kontakt mit der Gemeinde und mit dem Evangelium, das Hoffnung ins Leben bringt. Aus widerwilliger Toleranz ist Begeisterung geworden.
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