Ich hatte mit allem gerechnet!

Kolumne

Wie ist das noch mal genau mit der Frische und Reinheit von Gedanken? Mit dem Unvoreingenommensein? Dem Sicheinlassen auf jede Situation und jeden Menschen, so als läge ein weißes Blatt Papier vor einem? Meist leichter gesagt als getan, meint Doris Schulte und erzählt eine Geschichte.

Der Goldpreis war gestiegen, und dementsprechend schossen allerorts Goldhäuser wie Pilze aus dem Boden. Laut Zeitungsanzeigen boten ihre „seriösen und diskreten“ Fachleute kostenlose Beratung an sowie die sofortige Barauszahlung des Geldes für den Ankauf von Gold aller Art. 

Hier bin ich falsch 

Das klingt gut, dachte ich, denn wir hatten ein paar Schmuckstücke, die wir seit 30 Jahren nicht trugen und nur von einer Schublade in die andere schoben. Aber, ehrlich gesagt, fand ich solche Angebote auch suspekt. Sie weckten bei mir Misstrauen. Trotzdem bin ich zum nächstliegenden Geschäft für An- und Verkauf von Gold gefahren, und dort war alles so, wie ich es mir vorgestellt hatte: unangenehm ruhig und befremdend. Nur ein gepflegter Mann mit gebräunter Haut und Goldkette saß hinter einem Schreibtisch. Ich dachte gleich: Hier bin ich falsch! Das wird nichts werden!

Ich kenne das Buch 

Dennoch folgte ich seiner Einladung, mich hinzusetzen, und rückte das erste Schmuckstück aus meiner Tasche heraus. Als er das Teil auf die Waage legte, fielen mir ein christliches Buch und eine Bibel auf seinem Schreibtisch auf. Ich konnte es kaum fassen. War dieser junge Fachmann tatsächlich Christ? Ich sagte völlig erstaunt: „Ich kenne das Buch!“ Worauf er mich mit noch größeren Augen fragte: „Sind sie Christ?!“ „Ja, leidenschaftlich!“, antwortete ich. „Und Sie?“ „Ja, ich auch. Ich gehöre zu einer christlichen Gemeinde im Nachbarort. Mein Vater ist dort Pastor, aber weil die Gemeinde eine ganze Pastorenstelle nicht selbst finanzieren kann, sind wir auf ein zweites Standbein angewiesen.“ 

Das Urteil überprüfen 

Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Am meisten war ich aber über meine vorgefasste Meinung überrascht, die mein Verhalten schon beim Betreten seines Geschäftes beeinflusst hatte. Wir alle haben Vorurteile, die wir entweder von anderen Menschen übernommen oder uns aufgrund bestimmter Erfahrungen selbst gebildet haben. Anstatt uns selbst ein Bild zu machen und uns darüber eine eigene Auffassung zu erarbeiten, werden Klischees, Gerüchte oder auch aufgeschnappte Berichte und Informationen genutzt und als eigene Meinung übernommen. Aber manchmal ist es dran, diese Vorurteile zu überprüfen und zu revidieren. 

Gott etwas zutrauen

Wenn ich zum Beispiel voreingenommen bin, werde ich verstärkt auf die schlechten Tage achten und sie mir merken. Die guten Tage dagegen werde ich eher übersehen und sie deshalb auch nicht abspeichern. Was in meinem Gedächtnis haften bleibt, sind die negativen Situationen. Ich werde mich in meinem Vorurteil bestätigt fühlen und folglich meiner Zukunft keine Chance geben. Ich werde Gott wenig zutrauen und nicht mit seiner Gnade rechnen. Das wäre schade, denn Tatsache ist: Gott ist gut. Und Gott hat Gutes mit uns und anderen vor. Das sind „positive Vorurteile“, oder in diesem Fall besser gesagt: Voreinstellungen, die unser Denken, Fühlen und Verhalten prägen sollten, an jedem neuen Tag und bei jeder Begegnung. 
 

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