Ein Tritt in den Hintern

Wer’s glaub wird selig

Vermutlich hat jeder so seine Marotten und tut Dinge, die andere belächeln oder die sie genervt den Kopf schütteln lassen. Manchmal ist das lustig, manchmal echt nur frustrierend. Evi Rodemann erzählt von einem zunächst nur kleinen Zwischenfall, der ungeahnte Auswirkungen hatte, und fordert: Keine Macht den Banalitäten!

Mein Aluminiumchef – bis 2022 war ich für 18 Jahre in Teilzeit im Hamburger Aluminiumwerk beschäftigt – kam in die kleine Küche, als ich mir gerade einen Tee kochte. Im Spülbecken lag bereits ein roter Teebeutel, der seine Flecken im Waschbecken hinterließ, und mein Chef fragte, was dieser Blödsinn sollte. Ich meinte zu ihm, das hätte ich meiner Kollegin schon öfters gesagt, aber es sei eben ihre Angewohnheit, den Teebeutel dort zu trocknen. Daraufhin ging er zu ihr und sagte, den könne man doch sicher auch anders trocknen.

Der Spaß war vorbei

Diese völlige Banalität führte dazu, dass meine Lieblingskollegin und Freundin auf der Arbeit in Tränen ausbrach und nur noch sporadisch das Nötigste mit mir redete. Ich machte es auch so. Beide waren wir verunsichert und enttäuscht voneinander. Es war doch nur ein blöder Teebeutel, aber oft sind es genau diese Kleinigkeiten, die tiefe Diskussionen und Streits entfachen können. Für Wochen schlichen wir umeinander herum. Wir vermissten unseren Austausch, den Spaß miteinander, und Pausen wurden nun getrennt durchgeführt. Dieses Teebeutelerlebnis führte zu Arbeitswochen, die äußerst unangenehm waren. Würden wir das wieder hinbekommen?

 

„Ich möchte nicht nur eine gute Freundin sein, sondern anderen auch vorleben, was Jesus immer wieder für mich tut: vergeben, wenn ich versage.“

Ich bin gescheitert 

Meine vorsichtigen Versuche hatten keinen Erfolg, bis sie sich eines Tages zu mir setzte und sagte: „Was soll das denn? Können wir nicht einfach normal miteinander reden und uns trotz eines Teebeutels und der offensichtlichen Missverständnisse einfach vertragen und das Ding aus der Welt räumen?“ Es brauchte am Ende sie, um auf mich zuzukommen. Ich hatte es nicht geschafft. Toll, dabei bin ich von uns beiden doch diejenige, die schon so viele Jahre mit Gott unterwegs ist, und meine Kollegin weiß von meinem Glauben und Engagement. Sie war sogar schon bei etlichen Events dabei, die ich für Kirchen organisiert hatte. Wir umarmten uns und versprachen, dass so etwas nie wieder zwischen uns stehen sollte. Wir würden gnädiger und toleranter miteinander umgehen, Dinge schneller ansprechen, die uns am anderen nerven, und einfach unsere Freundschaft feiern.  

Bedingungslos und immer 

Dies war ein echter Tritt in den Hintern für mich. Nicht nur, weil ich so mangelhaft kommuniziert hatte, sondern auch, weil ich, die doch von Gottes Vergebung weiß, ihr nicht als Erste die Hand hinstrecken konnte. Manchmal sind wir wie gelähmt und verhalten uns einfach nicht jesusmäßig.  Nach diesem Erlebnis habe ich mir geschworen, dass ich anders mit möglichen Herausforderungen und Problemen umgehen möchte. Ich möchte nicht nur eine gute Freundin sein, sondern anderen auch vorleben, was Jesus immer wieder für mich tut: vergeben, wenn ich versage. Keine Macht den Banalitäten! Ich möchte Menschen so begegnen, wie sie sind. Auch wenn sie Dinge anders sehen als ich, auch wenn ich bis heute nicht weiß, warum man rote Teebeutel im Waschbecken trocknet. Das Gebot „Liebe dich selbst und deinen Nächsten“ ist über die Jahre zu meinem Leitspruch geworden, und ich setze alles daran, dass andere spüren, dass ich danach lebe, auch wenn sie meinen Glauben nicht teilen. Meine Kollegin mit Gottes Augen zu sehen, half mir, mich selbst mit Gottes Augen zu sehen. In meiner ganzen Fehlbarkeit liebt Gott mich bedingungslos, und ich darf immer wieder mit meiner ganzen Intoleranz zu ihm zurückkommen, damit er Ordnung in meine Gedanken bringen kann. 

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