Du sollst anders sein
Motivation
Was wie die züchtigende Strafrede einer aufgebrachten Mutter oder eines verzweifelten Vaters klingt, ist gar nicht so sehr Kritik, sondern liebevolle Wegweisung. Eva Dittmann meint sogar, es sei alternativlos, sich dieser Aufforderung unterzuordnen und – sozusagen – im Leben aufs richtige Pferd zu setzen. Und das ist eben manchmal dasjenige, das viele für den Außenseiter halten.
Was passiert eigentlich, wenn wir es immer allen recht machen? Wenn wir uns immer nach den Wünschen und Bedürfnissen der anderen richten? Wenn wir zu allem Ja und Amen sagen? Und wenn wir alles mitmachen, was um uns herum als richtig und wichtig eingestuft wird? Die Konsequenzen eines solchen Lebensstils wären nichts weniger als verheerend. Wer so lebt, lebt ohne Profil. Denn aus Angst vor Konflikten oder Ablehnung verliert man sich selbst – seine Identität, seine Persönlichkeit, ja, irgendwie auch seine Seele. Und durch die ständige Anpassung werden innere Zerrissenheit, Heuchelei und Erschöpfung zum stetigen Begleiter im Alltag.
Wir lassen uns mitreißen
Umso ernüchternder ist in dieser Hinsicht die Erkenntnis, dass wir uns als Christen und Gemeinden in der westlichen Welt unbewusst einem solchen Lebensstil verschrieben haben. Unter dem Deckmantel der Nächstenliebe und Toleranz lassen wir uns mitreißen von den immer wechselnden Gezeiten der kulturellen Meinungen. Aus Angst vor den in unserer Kultur so gerne vergebenen Stempeln wie zum Beispiel der Engstirnigkeit, des extremen Fundamentalismus, des diskriminierenden Moralismus oder der Homophobie schweigen wir lieber oder stellen die klaren Aussagen Gottes in seinem Wort selbst in Frage. Und bei dem Versuch, unsere Gemeindearbeit „sucherfreundlich“ zu gestalten, um auch ja niemanden abzuschrecken, verzerren wir die Botschaft des Evangeliums bis hin zur Unkenntlichkeit.
„Aus Angst vor Konflikten oder Ablehnung verliert man sich selbst – seine Identität, seine Persönlichkeit, ja, irgendwie auch seine Seele.“
Schämen Sie sich!?
Das ist eigentlich absolut absurd, oder? Auf der einen Seite feiern wir diese wunderschöne und doch so paradoxe Botschaft des Kreuzes. Denn sie verändert wirklich alles! Tief in unserem Inneren spüren wir, dass uns nichts in dieser Welt langfristig erfüllen, unsere Gebrochenheit wirklich wegnehmen, unsere Bedürfnisse wahrhaft stillen kann. Doch dann sind wir Jesus begegnet! Und unsere Herzen wurden befreit und belebt und erhellt. Unser Leben wurde auf ein neues Fundament gestellt – mit Perspektive Ewigkeit. Und wir dürfen schon jetzt in und mit Christus in dieser wunderbaren, alles auf den Kopf stellenden und von Gnade durchzogenen Kultur seines Reiches leben und so zu Hoffnungsträgern für diese Welt werden. Auf der anderen Seite scheinen wir uns dann aber für genau diese hoffnungsvolle Wahrheit zu schämen, versuchen uns für unseren Glauben zu entschuldigen und bemühen uns, uns so gut es geht an die Kultur anzugleichen, in der wir leben. Dabei merken wir allerdings nicht, wie genau das, was diese Botschaft ausmacht, dabei auf der Strecke bleibt. Wie genau das, was diese Botschaft attraktiv macht, verwässert wird. Wie genau das, was diese Botschaft so radikal macht, kleingeredet wird.
Die eigentliche Strahlkraft
Aber genau diese wunderschöne, gegenkulturelle Strahlkraft steht doch eigentlich im Zentrum unserer Jüngerschaft. In einer Welt, in der sich alle um sich selbst drehen – darum, sich selbst zu erhalten, sich selbst zu achten, sich selbst zu entfalten –, lädt Jesus uns ein: „Kreuzige dich! Demütige dich! Widme dich mit allem, was du bist und hast, der Mission Gottes. Verherrliche Christus – egal, was das für dich in der Kultur um dich herum bedeutet!“ Wir dürfen im Hier und Jetzt schon nach den Werten der neuen Welt leben. Und das ist nun mal gegenkulturell, wenn auch nicht zwangsläufig gegen die Kultur. Als Christen müssen wir uns bewusst sein, dass wir sicherlich an der einen oder anderen Stelle anecken werden. Dass das Leben in der Nachfolge ein Leben aufopferungsvoller Hingabe ist. Und dass der Heilige Geist uns immer wieder aus unserer Komfortzone herausreißen wird.
Das kann man lernen
D. L. Moody hat einmal gesagt: „Christen sollten in der Welt leben, aber nicht von ihr erfüllt sein. Ein Schiff lebt im Wasser; aber wenn das Wasser in das Schiff eindringt, sinkt es auf den Grund. So können Christen zwar in dieser Welt leben, aber wenn die Welt in sie hineindringt, gehen sie unter.“ Schon die ersten Christen mussten lernen, diese extreme kulturelle Spannung zu navigieren. In dieser Hinsicht ist es nicht verwunderlich, dass Paulus das in seinen Briefen immer wieder anspricht. In Römer 12,2 fordert er die Empfänger auf: „Richtet euch nicht länger nach den Maßstäben dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken, damit ihr verändert werdet und beurteilen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob Gott Freude daran hat und ob es vollkommen ist.“
„Wir dürfen im Hier und Jetzt schon nach den Werten der neuen Welt leben. Und das ist nun mal gegenkulturell, wenn auch nicht zwangsläufig gegen die Kultur.“
Reflektiert, gehorsam und mutig
Konkret heißt das für Paulus Folgendes: Lebe aktiv, aber reflektiert in deiner Kultur. Als Christen sind wir eingeladen, dort aufzublühen, wo Gott uns hingestellt hat. Uns in unserer Kultur zu engagieren. Und mit den Menschen zu interagieren. Dabei ist es allerdings wichtig, dass wir unsere Kultur gut kennenlernen. Ihre Denkmuster identifizieren. Ihre Stärken und Schwächen wahrnehmen. So lernen wir zum einen, wie wir die Menschen in der Kultur erreichen können, zum anderen, wo wir uns ganz bewusst abgrenzen müssen.
Dann auch: Halte dich an Gottes Willen. Das ist der Maßstab, an den wir uns halten müssen. Christen werden hier aufgefordert, sich selbst durch die Macht Gottes verwandeln zu lassen. So können sie in dieser so komplexen Welt lernen, gute (ethische) Entscheidungen zu treffen und diese dann auch zu realisieren. Es geht hier um das Gute, das „Wohlgefällige“ und das Vollkommene. Um das, was die Heiligkeit und Liebe Gottes widerspiegelt. Um das, was den Erwartungen Gottes entspricht. Und das, was seinen Namen verherrlicht. Auch wenn das im Widerspruch steht zu dem, was die Welt für gut hält oder was die kulturelle Mehrheitsmeinung widerspiegelt.
Und schließlich: Mach dir das Unbequeme mutig zu eigen. Die Perspektive Ewigkeit ermöglicht uns einen entspannten Blick auf all das, was in dieser Welt passiert. Denn im Vergleich zu dem, was uns in der neuen Welt Gottes erwartet, ist all das Unbequeme dieser Welt doch nur ein Wimpernschlag. Und so können wir mutig Gottes Wahrheit proklamieren, mutig seine Werte leben, mutig radikale Wege gehen. Wer der Welt wirklich dienen möchte, tut dies am besten in der gegenkulturellen Weise, die Jesus selbst in seiner Zeit in dieser Welt vorgelebt hat – selbstbewusst, leidenschaftlich und barmherzig.
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