Wir sind, was wir tun
Ratgeber
Regeln. Für die einen steter Anlass latenten Aufbegehrens, für die anderen lebensnotwendige Leitplanken. Von den einen gehasst, von den anderen geliebt. Dabei allerdings meistens oberflächlich betrachtet und wenig ergründet. Das zu tun wäre aber wichtig, meinen Eva Dittmann und Steffen Schulte, und zeigen auf, welche Auswirkungen selbstgewählte Lebensregeln auf den einzelnen Menschen – und als Folge auch auf die Gesellschaft – haben könnten.
Unser Leben ist durchzogen von Gewohnheiten. 40 Prozent der Handlungen, die wir täglich ausführen, sind nicht durch bewusste Entscheidungen herbeigeführt, sondern durch einfache Gewohnheiten. Diese Gewohnheiten rahmen unseren Alltag mit Rhythmen und Routinen, mit Strukturen und Traditionen ein, die uns helfen sollen, ein gutes Leben zu führen. Sie sind dabei aber keineswegs neutral, sondern haben großen Einfluss auf unser Herz. Sie vermitteln tiefgehende Botschaften und werden so zu Trainern unseres Herzens. Sie spiegeln unsere Werte und Prioritäten wider. Wir sind im Grunde das, was wir wiederholt tun. Seien es unsere Routinen am Morgen, unser Gebet vor den Mahlzeiten, unser Umgang mit Medien, oder die Gestaltung unserer Ruhezeiten – jeder Tag ist eine Miniversion unseres Lebens.
Die jahrhundertealte, christliche Praxis der „Lebensregel“ greift diese herzenskalibrierende Macht der Gewohnheiten auf. Sie gibt uns die Möglichkeit, die Rituale des Alltags zielgerichtet und bewusst zu wählen, um uns ganz auf Gott auszurichten. Sie ist ein klar formulierter, reflektierter und immer wieder revidierter Plan mit weise gewählten Praktiken für alle unsere Lebensbereiche, um wirklich das Leben zu entfalten, zu dem Gott uns in Christus einlädt, und um Christus immer ähnlicher zu werden.
Der Begriff selbst kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und bezeichnet ein Gestell für Weinreben, an dem sie hochranken, und dadurch in einem geschützteren Rahmen wachsen und mehr Frucht bringen können. Diese Vorstellung eines Rank-Gitters ist ein sehr passendes Bild für die Lebensregel. Eine bewusst formulierte Lebensregel hilft uns, das Leben in einer Art und Weise zu gestalten, in der wir mit Jesus verbunden bleiben und geistlich mehr Frucht bringen können. Sie ermöglicht es uns, unsere tiefsten Werte, unsere wichtigsten Beziehungen, unsere authentischsten Hoffnungen und unsere höchsten Prioritäten zu klären. So können wir mit Sinn und Ziel im gegenwärtigen Moment leben und unser Herz ganz auf Jesus ausrichten.
„Wir sind im Grunde das, was wir wiederholt tun. Seien es unsere Routinen am Morgen, unser Gebet vor den Mahlzeiten, unser Umgang mit Medien oder die Gestaltung unserer Ruhezeiten – jeder Tag ist eine Miniversion unseres Lebens.“
Deine Lebensbereiche
Es kann sehr hilfreich sein, sich die verschiedenen Lebensbereiche systematisch anzuschauen und zu überlegen, welches Rank-Gitter hilfreich sein könnte. Ganz praktisch sind dies tägliche, wöchentliche, monatliche und sogar jährliche Vorhaben. Keine Angst, wenn das noch abstrakt klingt, wir bieten Ihnen auch ein paar Beispiele. Wichtig ist, dass man diese Regeln als eine Hilfe empfindet und nicht als eine Last. Alles klar? Dann kann´s ja losgehen:
#MENTALE GESUNDHEIT
Der Bereich der mentalen Gesundheit beschreibt die Resilienz, das Wachstum und die Entfaltung der eigenen geistigen und emotionalen Fähigkeiten. Praktisch bedeutet dies, dass man sich im Alltag mentale Ruhezeiten anberaumt, bewusste Reflexionszeiten nimmt und Quantität und Qualität von äußeren Einflüssen und Inputs abwägt und steuert.
#BEZIEHUNGSPFLEGE
Beziehungen sind für uns essenziell. Wir sind Beziehungswesen, und deshalb brauchen wir Gemeinschaft. Aber gute Beziehungen sind kein Selbstläufer. Gerade die Menschen, welche uns am nächsten sind, zum Beispiel der Ehepartner oder die Kinder, bekommen häufig keine bewusste Zeit. Ein wöchentlicher Familienabend, ein romantisches Wochenende mit dem Ehepartner, oder besondere Vater-Kind-, beziehungsweise Mutter-Kind-Tage können hier helfen.
#KÖRPERWELT
Der Bereich der Körperwelt bezieht sich auf die Praktiken, die mit dem Umgang und der Erneuerung der Ressourcen unseres Körpers zusammenhängen. Schließlich ist der Körper der Tempel des Heiligen Geistes. Diese Praktiken beinhalten unter anderem ausreichend Bewegung, angemessene Ruhezeiten, ausgewogene Ernährung und Körperfürsorge, was zum Beispiel Hygiene und Arztbesuche einschließt.
#BERUFUNG
Der Bereich der Berufung bezieht sich auf die bewusst ausgelebte und leidenschaftliche Mitarbeit am Reich Gottes in den verschiedenen Berufs- und Alltagsfeldern, in denen wir tätig sind. Sie beinhaltet regelmäßige Reflexion über unsere Aufgaben, das Einüben von Gehorsam, Demut und Mut, das Fördern unserer Gaben und die Bevollmächtigung anderer.
#GEISTLICHES LEBEN
Natürlich gehört auch unsere Gottesbeziehung hierzu. Die tägliche Bibellese, der wöchentliche Gottesdienst oder das Abendmahl sind klassische Elemente. Wenn jemand zum Beispiel täglich Stille Zeit macht, kann es gewinnbringend sein, das Format hin und wieder zu ändern: Wer immer frei betet, kann sich ja mal von vorgegeben Gebeten aus der Kirchengeschichte inspirieren lassen.
#FINANZEN
Geld ist in der Bibel ein Ausdruck von Gottes Segen und gleichzeitig eine große Gefahr, selbst unser Gott zu werden. Gerade deshalb gehört ein bewusster Umgang mit unseren Finanzen und unserem Konsum zu einem guten Leben. Dabei können finanzielle Ziele, ein Haushaltsbuch und bewusstes Spenden helfen. Sinnvoll kann es auch sein, regelmäßig seine Ausgaben zu überprüfen.
Wie geht man vor?
Wer sich nun an eine eigene Lebensregel heranwagen möchte, kann die einzelnen Bereiche mit folgenden drei Schritten durcharbeiten:
1. Bestandsaufnahme:
Wo und wie findet sich dieser Bereich bereits in meinem Leben – in einer positiven oder negativen Weise?
2. Zielsetzung:
Wer möchte ich in Christus sein? Formulieren Sie Ihr Ziel so konkret wie möglich!
3. Lebensregel formulieren:
Welche Praktiken könnte ich in meinem Leben einführen, um dieses Ziel zu erreichen – täglich, wöchentlich, monatlich und jährlich?
Sollten Sie mit dem QR-Code nicht zurecht kommen, können Sie die
Vorlage auch unter www.neues-leben.de/lebensregeln herunterladen.
Eva Dittmann, PhD (Wheaton College), 34, ist Dozentin für Altes und Neues Testament am Theologischen Seminar Rheinland, liebt Herausforderungen und ist gerne mit ihrem Hund Pablo unterwegs.
Dr. Steffen Schulte ist gebürtiger Kanadier, verheiratet und hat zwei Töchter. Seit 2009 ist er Dozent am Theologischen Seminar Rheinland, 2015 wurde er zum Rektor berufen, 2020 in den Vorstand von NEUES LEBEN. Er ist Affiliate Professor im globalen Kairos Projekt, und seit 2022 Vorsitzender des European Council for Theological Education (ECTE). In seiner Freizeit fährt er leidenschaftlich gern Fahrrad, betreibt Fitnesstraining und geht gern mit seiner Familie zelten.
Bestelle kostenfrei die Printausgabe!
Bestelle die aktuelle Ausgabe und erhalte 4x/Jahr das Magazin NEUES LEBEN. Randvoll mit gutem, christlichem Rat für den Alltag, verständlich und anwendbar.

Seite teilen: