Wenn man Blumen mit Füßen tritt

Plädoyer

Dr. Thorsten Grahn setzt sich in diesem Artikel mit einem Thema auseinander, das uns in unserer Freiheit so unglaublich weit weg und unwirklich vorkommt: die weltweite Verfolgung von Christen. Wegen ihres Glaubens. So hart und grausam die Zahlen und Fakten sind, die er präsentiert, so bemerkenswert sind die Reaktionen der Betroffenen. Kein leichter Beitrag, aber ein nötiger.

Richard Wurmbrand (1909 – 2001), der in den Jahren 1948 bis 1964 wegen seines Glaubens insgesamt 14 Jahre bei zum Teil schwerster Folter in rumänischen Gefängnissen inhaftiert war, sagt: „Wenn du eine Blume mit Füßen trittst, belohnt sie dich mit ihrem Duft. In gleicher Weise belohnten Christen die Folterungen ihrer Peiniger mit Liebe. Auf diese Weise brachten wir viele unserer Kerkermeister zu Christus.“

Weltweit die Nummer eins!

Schätzungen zufolge erleben heute ca. 200 Millionen Menschen eine Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit allein deshalb, weil sie Christen sind. Christen bilden damit weltweit die größte Gruppe von Menschen, die aufgrund ihrer Religion Beschränkungen in ihrer Freiheit ausgesetzt ist. Religionsfreiheit beinhaltet die Freiheit, die eigene Religion zu praktizieren, zu wechseln und zu propagieren. Christen, deren Freiheit, den Glauben zu leben, eingeschränkt wird, reagieren in der Regel entweder mit Anpassung an die Einschränkungen, zum Beispiel, indem sie ihren Glauben nicht mehr in der Öffentlichkeit bekennen, mit Flucht vor den Einschränkungen, indem sie zum Beispiel aus dem muslimisch dominierten Norden Nigerias in den christlich dominierten Süden umziehen, mit Widerstand gegen die Einschränkungen, zum Beispiel, indem sie öffentlich dagegen protestieren oder auf andere Weise für ihre Rechte kämpfen, oder mit einem mutigem Bekenntnis zu Jesus Christus trotz der Einschränkungen. Diejenigen, die sich für das mutige Bekennen entscheiden, machen meistens die Erfahrung, dass ihre Freiheiten dann weiter eingeschränkt und ihre Grenzen immer enger gezogen werden bis hin zu massiven körperlichen Angriffen, Gefängnishaft, Sklaverei oder im Extremfall bis zu schwerer Folter und Ermordung. Wie reagieren diese Christen auf solch eine extreme Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit? 

Wir sind der Teufel!

Sie leiden – so wie es Jesus Christus und die ersten Christen selbst erfahren und den Nachfolgern Jesu vorhergesagt haben: So wie sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen! In der Bibel liest sich das so: „Und ihr werdet gehasst werden von jedermann um meines Namens willen.“ (Matthäus 10,22) und „Alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus, müssen Verfolgung erleiden.“ (2. Timotheus 3,12). Richard Wurmbrand, der vor 50 Jahren die Hilfsaktion Märtyrerkirche zur Unterstützung der verfolgten Kirche gegründet hat, musste das am eigenen Leib erfahren: „Wir Christen wurden manchmal gezwungen, in Holzkisten zu stehen, die kaum größer waren als wir selber. Dadurch blieb kein Raum, sich zu bewegen. Dutzende von Nägeln waren von außen in jede Seite der Kiste geschlagen, die mit ihren Spitzen – scharf wie Rasierklingen – aus dem Holz nach innen ragten. Solange wir ganz stillstanden, war es noch erträglich. Wir mussten aber viele Stunden lang in diesen Kisten so stehen. Wenn wir müde waren und vor Erschöpfung schwankten, dann durchbohrten die Nägel unseren Körper. Wenn wir uns bewegten oder nur ein Muskel zuckte, dann waren da die schrecklichen Nägel. Was die Kommunisten den Christen angetan haben, übersteigt alle menschliche Vorstellungskraft. Ich habe Kommunisten gesehen, deren Gesichter beim Foltern von Gläubigen vor hämischer Freude strahlten. Während sie ihre Opfer folterten, schrien sie „Wir sind der Teufel!““

Gebet hilft bei Angst und Schmerzen

Sie beten – solange sie noch die Kraft dazu haben, und bitten, wie Wurmbrand, um Gebet: „Ich brachte es nicht mehr fertig, das Vaterunser fehlerfrei zu beten. Ich brauche daher die Gebete derer, die frei sind.“ Sie vertrauen der Macht des Gebets, der eigenen und der Gebete der Glaubensgeschwister weltweit, und sie erleben diese Macht sehr konkret. Sie kennen ihre eigene Ohnmacht, erleben Gottes grenzenlose Allmacht und leben ein biblisches Prinzip: „Betet auch für mich! Bittet Gott, mir bei der Verkündigung seiner Botschaft die ‚richtigen‘ Worte zu geben. Dann kann ich das Geheimnis des Evangeliums unerschrocken bekannt machen. Ich bin ja als Gottes Gesandter für das Evangelium tätig, und gerade deshalb bin ich zurzeit im Gefängnis. Betet, dass ich meinen Auftrag erfüllen und diese Botschaft frei und offen weitergeben kann“ (Epheser 6,19.20).

„Jesu Kraft in meiner Schwäche habe ich besonders erfahren, als ich von sechs Mitgefangenen ISIS Kämpfern brutal geschlagen und misshandelt wurde.“

Petr Jasek aus Tschechien, der zu 23 Jahren Haft im Sudan verurteilt worden war und im Februar 2016 überraschend nach 14 Monaten wieder frei gelassen wurde, erzählte mir: „Jesu Kraft in meiner Schwäche habe ich besonders erfahren, als ich von sechs Mitgefangenen ISIS Kämpfern brutal geschlagen und misshandelt wurde. Ich spürte in dieser Situation keine Schmerzen und hatte keine Angst. Später habe ich erfahren, dass exakt während dieser Zeit viele Menschen aus meiner Heimatgemeinde gezielt für mich gebetet haben.“ 

Ich bin so frei zu lieben, auch ohne frei zu leben

Sie leben mehr und mehr aus der Freiheit, die sie in Jesus Christus haben. Eine Freiheit, die ihnen kein Mensch nehmen oder einschränken kann. Sie nutzen diese Freiheit dazu, Jesus in Wort und Tat zu bezeugen. Noch einmal Petr Jasek: „Von diesem Tag an weihte ich Gott den Rest meiner Tage im Gefängnis – wie lange dies auch sein mochte. Das bewirkte eine echte Veränderung in meinem Herzen. Statt mir Gedanken über den Ausgang meines Prozesses zu machen, nutzte ich jede Gelegenheit dazu, anderen Gefangenen zu dienen und die Liebe Gottes weiterzutragen. Ich hörte sogar auf, für meine Freilassung zu beten.“

Sie erleben, dass ihre Glaubensfreiheit zwar schmerzhaft eingeschränkt werden kann, nicht aber ihre Freiheit, Jesus anzubeten und selbst die schlimmsten Feinde zu lieben. Die Kraft dazu finden sie nicht in sich selbst, sondern sie ist die Gnade des Gottes, dessen Allmacht und Liebe grenzenlos ist: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28,18).

Die Christen, die wegen ihres Glaubens starke Einschränkungen ihrer Freiheit in Kauf nehmen, rufen allen Christen mit Helen Berhane, die zweieinhalb Jahre in Eritrea unter schwierigsten Bedingungen inhaftiert war, zu: „Ich möchte das Wort an jene Christen richten, die ihren Glauben ohne Verfolgung leben können. Bitte halten Sie ihre Freiheit nicht für selbstverständlich. Nehmen Sie jede Gelegenheit wahr, unseren Herrn täglich zu loben. Wenn ich nur im Gefängnis singen konnte, haben Sie ganz andere Möglichkeiten, Ihre Freiheit zur Ehre Gottes zu nutzen.“ Und Pastor Tandin Wangyal, der im buddhistischen Königreich Bhutan wegen seines Glaubens im Gefängnis saß, berichtete mir, dass in seinem Land deshalb viele Menschen Christen werden, weil sie die Ewigkeit so ernst nehmen. 

Während sie im buddhistischen Glauben immer wieder neu geboren werden müssen, bis sie vielleicht irgendwann ins Nirwana kommen, sagt ihnen Jesus die direkte Erlösung und Errettung und das ewige Leben bei Gott zu. Das ist eine alternativlose Perspektive, für die es sich zu leben, zu leiden und zu lieben lohnt – innerhalb und außerhalb des Gefängnisses.

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