Voll der Schwächling oder was?

Bibel erklärt

Paulus wieder. In seinem zweiten Brief an die Korinther in Kapitel 12, Vers 9, schreibt er: Wenn ich schwach bin, bin ich stark. Aber mal ehrlich. Wer will das denn? Wer will schon schwach sein? Eingegrenzt in seinen Möglichkeiten und ausgegrenzt von den Mächtigen? Dr. Steffen Schulte erklärt das Denken eines geschichtsträchtigen Mannes.

Vor einigen Jahren wollten wir unseren Dachboden ausbauen. In der Internetrecherche fand ich folgenden Satz: Je schneller der Hobbyhandwerker aufgibt, desto geringer ist der Schaden. Was der Ratgeber meinte ist natürlich, dass ein Dachausbau kein Unterfangen für Hobbyhandwerker ist, und je schneller er sich auf die Hilfe und Kompetenz eines ausgebildeten Fachmanns verlässt, desto weniger macht er falsch und desto schneller ist er auf dem Weg zu seinem neuen Dachboden. 

Aufgeben als Weg zum Erfolg!

Genauso ist es bei Gott: Je schneller wir aufhören, Dinge aus unserer eigenen Kraft zu tun und uns auf Gottes Kraft und seine Hilfe berufen, desto schneller sind auch wir auf dem Weg zum Erfolg. 

Genau das möchte Paulus uns sagen. Jeder von uns kommt an seine Grenzen. Wir alle brauchen Hilfe und Unterstützung. Paulus geht aber noch einen Schritt weiter. In seinem Brief an die Korinther erfahren wir, dass sein Status als Apostel in der Gemeinde in Frage gestellt wurde. Nach Ansicht einiger habe er gar nicht das, was man brauchte, um ein ordentlicher Apostel zu sein. Die Reaktion von Paulus ist sehr interessant. Er geht nämlich nicht auf die einzelnen Vorwürfe ein, sondern auf das dahinterliegende Problem – unseren Hochmut. Wir machen unseren Wert abhängig von unseren Leistungen und wir fühlen uns erhaben, wenn wir Dinge können, die andere nicht können.   

Diesen Kritikern sagt Paulus – mit etwas Ironie – dass er sich sehr wohl auch rühmen und die Kriterien erfüllen könnte. Aber darum geht es gar nicht. Nein, Paulus lehnt es ab, sich hier als der Starke zu präsentieren. Er will sich seiner Schwachheit rühmen. Gott hat ihm nämlich etwas offenbart. Und das heißt, er sieht etwas, was er ohne Gottes Hilfe nicht erkennen könnte.

„Die Reaktion von Paulus ist sehr interessant. Er geht nämlich nicht auf die einzelnen Vorwürfe ein, sondern auf das dahinterliegende Problem – unseren Hochmut.“

Schwäche als Ausdruck von Demut!

Einige Ausleger vermuten, dass Paulus’Leiden darin bestand, dass er immer schlechter sehen konnte, und dies wäre natürlich für jemanden, der viel reiste, viel las und auf Briefaustausch angewiesen war, ein großes Hindernis. Weiter erfahren wir, dass er dreimal um Heilung und Erlösung von diesem Leiden gebeten hatte, ohne dass seine Bitte erhört wurde. Sein Gebet bekam dennoch eine Antwort. Im Text heißt es: „Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.“ Hier ist das Geheimnis: Schwachheit ist der Kontext, in dem die Kraft Gottes zur vollen Auswirkung kommt. Paulus schreibt nämlich weiter: „Denn gerade dann, wenn ich schwach bin, bin ich stark.“

Triumph als Ergebnis der Niederlage!

An unseren Grenzen erleben wir Gottes Wirken. Dies macht uns demütig, dankbar und frei. Demütig vor Gott. Dankbar für seine Hilfe und frei von dem Gefühl, besser sein zu müssen als andere. Und Schwachheit wird zur Stärke. Nirgendwo wird dies deutlicher als am Kreuz. Was wie totale Schwachheit und eine Niederlage aussah, war wahre Stärke und Triumph.  

Und so wirkt Gott auch heute! Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass gerade dort, wo Verfolgungen entstehen, Gemeinden wachsen. Gerade da, wo Christen also keinen Rückhalt durch die Politik oder Gesellschaft erfahren, entwickeln sich große Basisbewegungen. Schwachheit ist letztlich der Raum, die Lebenssituation, wo Gott am liebsten wirkt und sich am größten zeigt. Lassen wir uns also an Gottes Gnade genügen!

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