Gebet für Politiker - Ich will Dich segnen

Plädoyer

Man kennt sie aus dem Fernsehen, wie sie in Debatten oder Pressekonferenzen auftreten, wie sie über eigene Leistungen und die des politischen Gegners sprechen, aber man kennt sie nicht wirklich. Politiker, gewählte Vertreter des Volkes im Einsatz zum Wohl des Volkes, sind und bleiben dabei zunächst aber auch bloß Menschen. Uwe Heimowski erzählt, wie er ihnen begegnet und was er für sie tut.

Es war ein besonderer Moment für mich. Beim Christustag, der an Himmelfahrt im Rahmen des Deutschen Evangelischen Kirchentages stattfand, hatte es eine angeregte Gesprächsrunde gegeben. Einer der Interviewgäste war Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière. Nach dem Gespräch wurde den Teilnehmern angeboten, sich segnen zu lassen. Mir kam dabei die Aufgabe zu, für den Minister zu beten, was ich gerne tat. Er beugte sein Haupt, ich legte ihm meine Hände auf die Schultern. Ein kurzer Moment, einige schlichte Worte, ein Segen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Keine große Sache für einen Pastor. Und doch ein Moment mit großer Symbolkraft. Die Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beginnt mit den Worten: „In Verantwortung vor Gott und den Menschen...“  Hier wurde sichtbar, dass es Politiker gibt, die diese Worte auch persönlich ernst nehmen. Gut zu wissen. Und außerdem wurde deutlich: Auch ein Minister braucht den Segen Gottes. Wie jeder andere Mensch.

Sie wollen nur beten?

Wie sehr es Politiker berühren kann, wenn man für sie betet, habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten erlebt. Kurz nachdem ich zum Pastor der EFG Gera berufen worden war, besuchten der Gemeindeleiter und ich unseren Landtagsabgeordneten. Er fragte sofort, warum wir gekommen seien. „Um Sie kennenzulernen und um für Sie zu beten.“ Das konnte er fast nicht glauben. Wir müssten doch noch ein weiteres Anliegen haben: Eine Beschwerde, oder eine Nachfrage wegen Fördermitteln für die Gemeinde oder etwas Ähnliches. Dass Bürger ihn besuchen, nur um für ihn zu beten, das hatte er noch nie erlebt. Aber er bedankte sich, nannte einige Anliegen - und wir beteten an Ort und Stelle. Aus diesem ersten Besuch ist ein freundschaftlicher Kontakt entstanden, der bis zum Ende seiner politischen Laufbahn erhalten blieb.

Natürlich ist nicht jeder Abgeordnete offen dafür, dass man direkt mit ihm betet. Das ist sein gutes Recht. Denn es darf nicht sein, dass man Menschen mit dem eigenen Glauben quasi „überfällt“. So eine Gelegenheit muss sich ergeben, man muss sie erspüren. Aber ich habe selten erlebt, dass ein Politiker (und übrigens auch kein anderer Mensch) komisch reagiert hat, wenn ich ihm am Ende einer Begegnung Gottes Segen gewünscht oder ihm zugesagt habe, für ihn zu beten. „Ich bin zwar Atheist“, antwortete einmal einer mit einem Schmunzeln, „aber schaden kann es sicher nicht.“

Man merkt, wer dabei war

Im Bundestag gibt es eine bemerkenswerte Gebetsinitiative. An jedem Freitag einer Sitzungswoche findet ein Gebetsfrühstück statt. Organisiert wird es von der Stiftung für Grundwerte und Völkerverständigung. Die Einladungen aber sprechen Abgeordnete für andere Abgeordnete aus. Über Partei-grenzen hinweg. Die Teilnehmer stammen aus allen Fraktionen. Sie lesen die Losung, tauschen sich darüber aus und beten miteinander. Eine geistliche Oase. Mitten im unerbittlichen Bundestagsbetrieb mit seinen politischen Auseinandersetzungen und dem brutalen Tempo, das höchsten Einsatz von den Politikern fordert. Rita Süßmuth, die ehemalige Bundestagspräsidentin, nahm regelmäßig am Gebetsfrühstück teil und schwärmte von dessen Auswirkungen: Man merke am Umgangston in der Debatte, sagte sie, wer von den politischen Kontrahenten morgens beim Gebetsfrühstück gewesen sei.

Gebet spielt im Politikbetrieb also eine Rolle. Doch wie ist es umgekehrt? Welche Rolle spielt die Politik in unserer Fürbitte? Als Christen sind wir aufgefordert, regelmäßig für Politiker zu beten. Die Bibel spricht an verschiedenen Stellen davon, etwa in 1. Timotheus 2,1f: „So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.“ Gebet für die Verantwortungsträger hat Auswirkungen auf alle Bereiche einer Gesellschaft.

„Das Gebet ersetzt keine Tat, aber es ist eine Tat, die durch nichts zu ersetzen ist.“

Gebet fördert die Wertschätzung

Die Deutsche Evangelische Allianz ist seit ihrer Gründung im Jahre 1846 eine Gebetsbewegung. Besonders in diesem Wahljahr rufen wir zum Gebet auf. Gebet hat Kraft, es bewegt den Arm Gottes. Und dieser kann „die Herzen der Menschen lenken wie Wasserbäche“ (Sprüche 21,1). Wir beten, dass Gott verantwortungsvolle Menschen beruft und sie zu ihrer Aufgabe befähigt. Gebet bewegt auch die Beter selbst. In einer Zeit, die geprägt ist von „angry politics“, wie es im Englischen heißt, (Stichwort „Wutbürger“), und wo Verunglimpfungen an der Tagesordnung sind, wollen wir Politiker aller Parteien segnen und ihnen wohlwollend begegnen. Wir beten um eine „Kultur der Wertschätzung“ in unserem Land.
Mit Begeisterung nehme ich wahr, dass viele Christen landauf, landab den Auftrag zum Gebet sehr ernst nehmen. Da sind Allianzkreise wie die monatliche Runde von Ruheständlern in Bremen, die regelmäßig in unserem Büro nach Gebetsanliegen fragen. Da sind überkonfessionelle Initiativen wie die Gebetshäuser, die an vielen Orten in Deutschland entstehen. Da sind Gemeindegebetskreise oder auch einzelne, die treu für die Regierung beten. Ich freue mich, wenn sich noch weitere Beter dieser Bewegung anschließen. Bischof Hans von Keler hat völlig Recht, wenn er sagt: „Das Gebet ersetzt keine Tat, aber es ist eine Tat, die durch nichts zu ersetzen ist.“  In diesem Sinne: Lassen Sie uns beten. Mit Politikern. Und für Politiker.

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