Wie Wind in meinem Segel
Motivation
Menschen, die ihren Body in Form bringen wollen, gehen ins Fitness-Studio und arbeiten an ihren Muskeln. Sie heben Gewichte, laufen unzählige Kilometer auf dem Band oder Cross-Stepper und achten auf ihre Ernährung. Kein Opfer scheint ihnen zu groß zu sein, auch wenn die Muckis brennen, es wird weitergemacht. Eva Dittmann meint, dass wir so auch für unseren inneren Menschen sorgen sollten, und empfiehlt nach dem geistlichen Check ein erfolgsversprechendes Trainingsprogramm.
Ich sehne mich danach, geistlich zu wachsen. Jesus immer ähnlicher zu werden. Mein Herz zu einem wunderschönen Palast für ihn werden zu lassen. Aber leider muss ich immer wieder mit Ernüchterung feststellen, dass sich diese Veränderung, wenn überhaupt, nur schleichend und schwerfällig vollzieht. Statt geistlichem Wachstum erlebe ich geistliche
Stagnation, geistliche Lethargie und zuletzt auch geistliche Frustration. Und ich frage mich: Woran liegt das? Und was kann ich tun, um diesen Wachstumsprozess wieder anzukurbeln um aktiv mitzuwirken am Werk des dreieinigen Gottes?
Dallas Willard, ein Philosoph, der viele Bücher über das geistliche Leben geschrieben hat, hat mir hierbei einen weichenstellenden Denkanstoß geliefert. In seinem Buch „Verwandle mein Herz“ führt er aus, was zu jedem Veränderungsprozess im Leben dazugehört: erstens, eine Vision; zweitens, eine Intention; und drittens, die notwendigen Mittel. Zur Veranschaulichung wendet er dies zunächst auf das Lernen einer neuen Sprache an. Wer eine Sprache lernen möchte, braucht zunächst eine klare Vision: Warum will ich diese Sprache lernen? Ohne Vision wird man die Sprache höchstens ungenügend lernen. Dann gehört zu diesem Prozess auch eine klare Intention – der Vorsatz, diese Vision zu realisieren. Leider lernt man Sprachen nicht im Schlaf. Im Gegenteil: wir müssen uns bewusst dafür entscheiden, unsere Zeit, Energie und Ressourcen für das Erlernen dieser Sprache einzusetzen. Ohne Intention treten wir auf der Stelle. Zuletzt gehören zu einem erfolgreichen Sprachstudium auch die richtigen Mittel, zum Beispiel Lehrbücher, Sprachkurse und/oder ein vollständiges Eintauchen in die Sprache und Kultur. Wer keine Werkzeuge zur Verfügung hat, sie nicht kennt oder gar die falschen verwendet, für den bleibt es trotz Vision und Intention ein hoffnungsloses Unterfangen.
Dieses dreigliedrige Muster für persönliche Veränderungen lässt sich auch auf geistliche Wachstumsprozesse übertragen. Auch hier braucht es eine klare Vision, eine verbindliche Intention und geeignete Werkzeuge, um im Glauben voranzukommen. Mit dieser Einsicht über Wachstumsprozesse im Hinterkopf fällt es mir nun deutlich leichter, eine geistliche Bestandsaufnahme durchzuführen, wenn ich in meinem Leben Stagnation feststelle. Dabei nehme ich jeden dieser drei Aspekte systematisch unter die Lupe und unter-suche, ob ich die Ursache meines geistlichen Zustands identifizieren kann. Denn normalerweise hapert es an einem dieser Bereiche. Und wenn ich den Wachstumshemmer dann als solchen entlarvt habe, kann ich gezielt daran arbeiten, ihn zu beheben und den Veränderungsprozess neu anzukurbeln.
„In seinem Buch ‚Verwandle mein Herz‘ führt er aus, was zu jedem Veränderungsprozess im Leben dazugehört: erstens, eine Vision; zweitens, eine Intention; und drittens, die notwendigen Mittel.“
Vision schärfen
Zunächst konzentriere ich mich darauf, meine Vision zu schärfen: Warum lohnt es sich geistlich zu wachsen? Wohin führt mich diese Wachstumsreise? Aus geistlicher Perspektive hat diese Vision verschiedene Facetten. Zum einen malt uns die Bibel ein atemberaubendes Bild von Gott und seinem Reich. Wir haben einen wunderbaren Gott, der alles daransetzt, uns zu erlösen. Der mit uns und durch uns sein herrliches Reich baut. Der uns das wahre Leben schenkt. Und wir hoffen auf die Vollendung all seiner hoffnungsvollen Verheißungen, wenn Jesus endlich wiederkommt und uns zu sich holt. Auf uns warten ein neuer Himmel und eine neue Erde. Ein Ort, an dem Gottes Wille geschieht – das Beste, was uns passieren kann! Ein Ort, an dem es kein Leid und keine Tränen mehr gibt. Ein Ort, an dem wir Jesus endlich sehen und in ewiger Gemeinschaft mit ihm leben können.
Zum anderen zeigt uns diese Vision auch, wer wir in Christus sind und wer wir in ihm sein können. Die Bibel ist klar: Wir sind Kinder Gottes. Das ist unsere Identität. Und deswegen können wir Jesus immer ähnlicher werden. Immer mehr lernen, Mensch zu sein wie er. Immer mehr werden, was wir in Christus schon sind. Letztendlich ist geistliches Wachstum nämlich der Prozess, so zu werden wie Jesus, wenn er du wäre – wenn er deine Biografie, deine Persönlichkeit und deine Gaben hätte. Nicht weil wir das müssen. Sondern weil wir dürfen. Weil es wirklich das beste Leben ist, was wir leben können. Das erfüllteste Leben. Das glücklichste Leben.
Intention festigen
Diese Vision schenkt uns zwar das richtige Fundament, die richtige Motivation und die richtige Einstellung, um uns auf Veränderungsprozesse einzulassen, aber ohne Verbindlichkeit wird diese Vision in unserem Leben einfach verpuffen. Wir müssen sie auch umsetzen wollen. Dies beginnt mit einer verbindlichen Entscheidung, die eine Tatkraft und konkrete Schritte voraussetzt. Wir müssen bereit sein, unseren Alltag neu zu gestalten, unsere Prioritäten zu verändern und zielgerichtete Entscheidungen zu treffen.
Darüber hinaus erfordert dies aber auch den Mut und die Disziplin, Gott vertrauensvoll zu gehorchen. Wir müssen gewillt sein, nach Gottes Willen zu leben. Selbst dann, wenn wir ihn absolut gar nicht verstehen. Wenn wir seinen Wert noch nicht wahrnehmen. Oder wenn unser Charakter das absolute Gegenteil tun möchte. Manchmal müssen wir einfach gehorsam sein. Uns im Gehorsam üben. Ja, Gehorsam kann man üben. Nach und nach lernen wir, dass Gottes Wille tatsächlich das Beste für uns ist. Hier folgt das Herz der Hand. Wir tun, um im Herzen zu verstehen.
Werkzeugkasten erweitern
Zuletzt werfe ich einen Blick auf meinen Werkzeugkasten. In der Bibel und in der Kirchengeschichte finden wir viele wertvolle und herausfordernde Mittel, die uns dabei helfen, an Gottes Wachstumsprojekt mitzuwirken. Hierzu gehören unter anderem die aktive Teilnahme am Leben einer Gemeinde, tiefgehende Beziehungen zu anderen Gläubigen und viele verschiedene geistliche Disziplinen wie zum Beispiel Gebet, Bibellesen und Fasten. All diese Dinge werden zu einem Trainingsfeld für das Herz. Sie sind im Grunde wie das Segel eines Segelboots. Wenn ich auf dem Meer bin, komme ich nur voran, wenn das Segel auch gespannt ist. Ohne das Segel kann ich mich nicht vom Wind (in unserer Übertragung: der Heilige Geist) erfüllen lassen. Ich kann zwar trotz Segel nicht dafür sorgen, dass der Wind bläst, aber mich auf ihn einstellen und mit seinem Handeln rechnen. Das ist der Beitrag, den wir in diesem Wachstumsprojekt Gottes leisten dürfen.
Eva Dittmann, PhD (Wheaton College), 34, ist Dozentin für Altes und Neues Testament am Theologischen Seminar Rheinland, liebt Herausforderungen und ist gerne mit ihrem Hund Pablo unterwegs.
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