Desmond Tutu und die Kraft der Vergebung

Biografie

Der südafrikanische anglikanische Geistliche Desmond Mpilo Tutu war von 1986 bis 1996 Erzbischof von Kapstadt und Primas der Church of the Province of South Africa. Für seine Menschenrechtsaktivitäten wurde er 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Er starb am 26. Dezember 2021 im Alter von 90 Jahren. Elena Eigenbrodt mit einem ganz persönlichen Nachruf.

„Wann werden wir lernen, dass Menschen einen unendlichen Wert haben, weil sie nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, und dass es Gotteslästerung ist, sie so zu behandeln, als wären sie weniger als das, und dass solch ein Verhalten letztlich auf die zurückfällt, die dies tun?“ Eine starke Aussage, die bestens in die heutige Zeit passt. Rassismus, Mobbing, schon allein die Impfdebatte. Wir diskutieren miteinander, stellen uns über andere Menschen, meinen, besser zu sein als sie oder mehr zu wissen – auch wenn das oft genug nicht so ist. Umso beeindruckender, dass diese Aussage bereits von 1984 stammt. Desmond Tutu hat sie in seiner Nobelpreisrede gemacht. 

Am eigenen Leib erlebt

Geboren am 07.10.1931 in Klerksdorp, einer Provinz im Nordwesten von Südafrika, ist er als Sohn eines High School-Leiters und einer Hausangestellten mit seinen drei Schwestern aufgewachsen. Er ging zur Schule, zog mal um, ging wahrscheinlich regelmäßig in den Gottesdienst – eine ganz normale Kindheit also, wie die meisten von uns sie auch kennen. Anschließend wollte er Arzt werden, aber für diese Ausbildung hatte seine Familie nicht genügend Geld – auch etwas, was die meisten von uns wahrscheinlich nachvollziehen können. Somit wurde er High School-Lehrer wie sein Vater und lernte an der Uni seine spätere Frau kennen. Hochzeit, Kinder, Job. Soweit eigentlich alles ganz der Durchschnitt. Bis die südafrikanische Regierung ein Gesetz hervorbrachte, das besagte, dass dunkelhäutige Kinder eine schlechtere Ausbildung erhalten sollten als weiße. Ob Tutu hier schon direkt gemerkt hat, dass er an anderer Stelle mehr bewirken kann, oder einfach keine Lust hatte, unter solchen Bedingungen zu unterrichten, weiß ich nicht. Fakt ist, er ist gegangen und hat eine Ausbildung zum Priester begonnen – und hat an dieser Stelle einen unglaublichen Beitrag zum Ende der Apartheid geleistet. 

Er stand für Versöhnung

Er wurde der erste dunkelhäutige Dekan. Wie er in seiner Nobelpreisrede gesagt hat: wir Menschen sind alle wichtig und alle nach dem Bild Gottes geschaffen. Nicht nur die weißen, nicht nur die schwarzen, egal wie groß oder klein oder was auch immer. Wir alle. Ich finde diese Aussage ungemein beeindruckend, weil er als Dunkelhäutiger in einem Land wie Südafrika so unglaublich viele Steine in den Weg gelegt bekommen hat. Und er hat dann trotzdem friedlich im Widerstand gekämpft, von seiner Kanzel aus denjenigen eine Stimme gegeben, die keine eigene hatten. Er stand dafür, die Aussöhnung zwischen beiden Fraktionen zu fördern. Mandela ernannte ihn später zum Vorsitzenden der Wahrheits- und Versöhnungskommission. 

Woher nahm er diese Kraft?

Mir würde es unglaublich schwerfallen, bei so viel Ungerechtigkeit friedlich zu bleiben. Den Menschen, die den Angehörigen meines Volkes und meiner Hautfarbe so viel Leid zugefügt haben, die ihnen ihre Chancen, ihre Entscheidungsfreiheit, die ihnen so unendlich viel ihres Lebens genommen haben. Wie konnte er denen friedlich begegnen? Wie schaffte er das nur? Wie schwer muss es gewesen sein, diesen Menschen Vergebung und Versöhnung nicht nur zu gönnen, sondern auch aktiv daran mitzuwirken, dass sie diese erlangen? 

„Ohne Vergebung kann es keine Zukunft in der Beziehung zwischen Individuen oder zwischen Nationen geben.“ Er sagte das nicht nur, er meinte das auch und vor allem lebte er es. Tutu konnte vergeben. Wenn ich mir nur eine von Desmond Tutus unglaublich vielen Eigenschaften abschauen könnte, würde ich diese wählen. Ich möchte von ihm lernen – und mich für ein friedliches Miteinander, Vergebung und Einheit zwischen den Menschen einsetzen. 

Elena Eigenbrodt, Jahrgang 1999, arbeitet als Gesundheits- und Krankenpflegerin in einer Stuttgarter Klinik, mag Sonne lieber als Regen, Minipizza lieber als Salat und O-Saft lieber als Wasser. Sie interessiert sich für Literatur, reist gern und liebt ausgiebige Spieleabende mit Familie und Freunden.

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