Geliebte Lüge

Plädoyer

Klingt eigenartig? Dass man Lügen glaubt, obwohl man weiß, dass es Lügen sind? Gibt’s nicht? Krank? Elena Schulte nimmt uns mit auf eine Reise in ihre ganz persönliche Vergangenheit und zeigt deren Bedeutung für die Gegenwart. Das Besondere daran: Elenas Geschichte ist auch Ihre Geschichte.

„Wir brauchen dich nicht, du bist zu viel!“ Der Satz saß. Ausgesprochen wurde er von meiner besten Freundin, als ich etwa sieben Jahre alt war. Wir waren damals eine Clique von fünf Mädchen, aber wie aus dem Nichts hatten sich die anderen vier überlegt, dass es ohne mich wohl besser wäre, da sie dann eine grade Anzahl von Freundinnen seien und dann alles viel leichter ginge. 

Ganz schön bequem

Auch wenn scheinbar wesentlich weniger Ernsthaftigkeit in der Aussage lag (wir verbrachten nach dieser Begebenheit schon nach kurzer Zeit wieder unsere Tage und sogar Jahre weiterhin als Clique), so ist sie mir noch heute – über 30 Jahre später – ganz klar in Erinnerung. Mehr als das: dieses Erlebnis von damals beeinflusst noch heute meine Beziehungen, meinen Selbstwert und meinen Mut, mich in Freundschaften zu öffnen und verletzlich zu machen. „Wir brauchen dich nicht, du bist zu viel!“ Dieser Satz war eine der ersten Lügen, die über mir ausgesprochen wurden und an die ich mich erinnern kann. Zu ihr gesellten sich im Laufe meines Lebens noch viele weitere und alle haben mein Leben (mit-)bestimmt. Unsere Lebenslügen haben neben aller Tragik noch einen anderen, vielleicht nie bewusst bemerkten, Aspekt, der uns sehr willkommen ist: sie bieten eine unglaublich einladende Fläche zum Ausruhen.

Wie bitte? Das klingt ja fast so, als sei es schön, unter eine Lüge zu leiden. Aus dieser Perspektive betrachtet, stimmt das natürlich nicht. Wer will schon gerne leiden? Aber lassen Sie uns doch mal einen anderen Blickwinkel wagen. Zum Beispiel in Bezug auf den Satz „Du bist nicht wichtig“ (was letztendlich eine tiefere Wahrheit bzw. Lüge war, die ich aus dem Erlebnis mit meinen Freundinnen gezogen habe). Das Gefühl, nicht wertvoll oder von Bedeutung zu sein, tut weh. Aber es ist auch eine grandiose Entschuldigung, sich nicht zu zeigen oder für eine Sache einzustehen. „Wer bin ich schon? Was soll ich denn in dieser Welt verändern? Das überlasse ich mal lieber den anderen, den Großen, den Wichtigen.“ Und schon kann ich es mir guten Gewissens auf meinem Lügenkissen bequem machen. Oder die weit verbreitete Lüge „Das kannst Du nicht!“ Gar nicht schön, den Eindruck zu haben, unfähig zu sein. Aber wenn dann jemand gesucht wird, der mit anpackt? Der etwas voranbringt? Der prägt, fördert, für etwas kämpft? „Da bin ich der oder die Falsche! Ich stelle mich immer so ungeschickt an. Hab‘ kein Händchen dafür. Bin auch eher der unsichere Typ. Ich glaube, ihr solltet lieber jemand anders fragen!“ Herzlich willkommen in der wohlig-warmen Lügen-Komfortzone! Dieses Leben ist voll von Lügen – aber anstatt sie mit der Wahrheit zu konfrontieren, haben wir sie geschluckt und sind durch sie satt und behäbig geworden.

„Das Gefühl, nicht wertvoll oder von Bedeutung zu sein, tut weh. Aber es ist auch eine grandiose Entschuldigung, sich nicht zu zeigen oder für eine Sache einzustehen.“

Ganz schön unabhängig

Ganz sicher gibt es viele Lebensgeschichten und (Kindheits-)Lügen, deren Aufarbeitung Begleitung und professioneller Hilfe bedarf. Wenn Sie von solch tiefgreifenden Verletzungen betroffen sind, mache ich Ihnen Mut, nicht untätig und resigniert zu bleiben, sondern sich Rat und Unterstützung zu suchen. An dieser Stelle möchte ich es aber dennoch wagen, eine Aufforderung an Sie (und an mich!) zu richten: lassen Sie es nicht zu, dass Ihre Lebenslügen Wegbereiter und Diener Ihrer Bequemlichkeit werden!

Ich bin uneingeschränkt von folgenden Wahrheiten überzeugt: wir wurden von einem Gott geschaffen, der uns wunderbar, kunst- und liebevoll erdacht und gemacht hat. Es war seine bewusste Entscheidung, dass es Sie und mich geben soll, weil er die Welt ohne uns nicht wollte. Jeder unserer Tage ist ihm bekannt und schon vorab von ihm gesegnet. Wir sind von ihm begabt und beschenkt worden – ganz unabhängig davon, wie wir selbst oder diese Welt diese Begabung beurteilen. Gott schreibt mit dieser Welt Geschichte und Sie und ich sind ein wichtiger, richtiger und entscheidender Teil dieser Geschichte. Er bietet uns an, seine Kinder zu sein und seine Vergebung anzunehmen. Und damit das möglich wird, hat er seinen eigenen Sohn nicht verschont, der für jeden einzelnen gestorben ist! Kann es angesichts all dieser Wahrheiten, die in der gesamten Bibel nachzulesen sind, sein, dass zufällig Sie doch tatsächlich unwichtig, nicht liebenswert, untalentiert oder überflüssig sind? Und noch viel mehr: sollten diese Lügen, die andere oder Sie selbst über sich ausgesprochen haben, ein solch starkes Gewicht haben, dass Sie sich zurückziehen, verstecken, sich entschuldigen, nicht antreten, Menschen meiden, Aufgaben versäumen, Kraft verleugnen, Schönheit verbergen? Dass Sie so gering von sich denken, dass der Platz, den Gott eigens für Sie in seiner gewaltigen Geschichte vorgesehen hat, leer bleibt? Dass eines seiner geliebten Menschenkinder lieber mit Entschuldigungen und Ausreden jongliert, als der Welt zu zeigen, wie unfassbar würdevoll und von allerhöchster Stelle geachtet es ist?

Ganz schön eindrücklich

„Wir brauchen dich nicht, du bist zu viel!“ Es geschieht fast täglich, dass diese Lüge mich (unbewusst) einholen und mein Denken und Handeln bestimmen will. Immer wieder versucht sie, mich klein zu machen. Immer wieder schiebe ich sie vor, um mich nicht in die Wildnis, in sein Abenteuer mit mir wagen zu müssen. Aber ich bin fest entschlossen, dass sie niemals – NIEMALS – das letzte Wort sprechen darf. Dass sie mich nicht in falscher Bequemlichkeit verharren lassen darf. Dass sie nicht mehr Gewicht haben darf als die Worte, die mein Schöpfer über mir ausspricht. Dass sie mich nicht lähmen und ungefährlich machen darf. Denn das möchte ich sein: gefährlich wagemutig auf der Suche nach der Wahrheit über mich und mein Leben. 

Jesus selbst fasst die Wahrheit in eindrückliche Worte: »Wenn ihr bei dem bleibt, was ich euch gesagt habe, und euer Leben darauf gründet, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.« (Johannes 8, 31 – 32, GNB)

Ich lade Sie ein, sich Ihren Lügen zu stellen. Schauen Sie doch gerade in Situationen, in denen Sie sich zurückziehen und verstecken wollen, einmal genau hin. Fragen Sie sich ehrlich, ob sich da gerade eine traurige aber gleichzeitig auch bequeme Lebenslüge wohlig unter Ihnen breit machen will und Ihnen zuflüstert, dass die Welt wesentlich besser ohne Sie auskomme. Kann das wahr sein? Nein! Wechseln sie das Fundament. Stellen Sie sich mutig auf die Wahrheit, die Ihr Schöpfer und Sie liebender Gott über Ihnen ausspricht, und erleben Sie, wie die Freiheit und Kraft dieser Worte Sie Stück für Stück in die Weite führt.

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