Auf der Suche nach dem Glück

Biografie

Wer meint, das Glück läge auf der Straße und müsse nur aufgesammelt werden, der liest besser weiter. Dr. Simone Flad schreibt biografisch über den Kirchenvater Augustinus, seine bisweilen verzweifelte Suche, die Ehrlichkeit, mit der er sich selbst begegnet, und darüber, wie und wo er es dann doch gefunden hat, sein Glück.

Augustinus von Hippo – eine der bekannteren Gestalten der Kirchengeschichte: Bischof von Hippo, Kirchenvater, einflussreicher Theologe, Prediger und Autor. Hat dieser altehrwürdige Herr uns im 21. Jahrhundert etwas zu sagen? Sein Leben, sein Erleben, seine Fragen und Gedanken sind doch sicher so ganz anders, als wir sie heute kennen!? Auf den ersten Blick könnte es so aussehen. 

Ganz schön abgehoben

Geboren 354 n. Chr. in Thagaste im äußersten Nordosten des heutigen Algerien, lebte Augustinus im Römischen Reich, das zu dieser Zeit seinen Zenit längst überschritten hatte. Er starb mit 75 Jahren im Jahr 430, als Hippo im Zuge der Völkerwanderung von den Vandalen belagert und erobert wurde. Vor allem in seinen 35 Jahren als Bischof von Hippo hat Augustinus zahlreiche theologische und philosophische Bücher und Schriften verfasst. Also alles recht abgehoben vom heutigen normalen Menschen, könnte man meinen. Wenn man genau hinschaut, zeigt aber seine in Gebetform verfasste Autobiographie „Bekenntnisse“ ein ganz anderes Bild. 

Die Frage, die Augustinus in seiner ersten Lebenshälfte andauernd umtrieb, ist auch heute allgegenwärtig: wo finde ich das Glück meines Lebens? Wirkliches Glück! Jahrelang war Augustinus rastlos auf der Suche nach innerem Frieden und jenem wirklichen Glück. Er war ein ehrgeiziger junger Mann und sein Vater unterstützte ihn dabei nach Kräften. Die besten Schulen waren gerade gut genug. Bildung und Leistung waren der Weg zu Reichtum und Ansehen. Augustinus wählte einen für die damalige Zeit typischen Weg, um zu diesem Ziel zu gelangen – er wurde Rhetoriker. Im Rampenlicht stehen, während man Diskussionen führt oder offizielle Reden hält, Schüler unterrichten, die zu einem aufsehen – das war sein Ziel. Um seiner beruflichen Karriere willen verließ er seine Heimat Nordafrika und zog nach Rom und Mailand. Sein Einsatz und Talent wurden durch berufliche Erfolge, eine wachsende Popularität und Ansehen belohnt – das ersehnte Glück fand er darin jedoch nicht. 

Eine Zeitlang hatte der junge Augustinus Glück in der Freundschaft zu einem jungen Mann erlebt, den er von Kindesbeinen an kannte. Er wurde ihm zu einem Freund „als wären meine Seele und die seine nur eine einzige gewesen in zwei Körpern“. Aber dieses Glück währte nicht lange – nach nur einem Jahr intensiver Freundschaft verstarb der junge Mann an einer Krankheit. Der tiefen Trauer versuchte Augustinus durch einen Umzug in die Provinzhauptstadt Karthago zu entkommen.

„Im Rückblick spricht Augustinus davon, dass all sein Streben nach Erfolg, Ansehen, Weisheit, sexueller Befriedigung und Freundschaft letztlich eine Suche nach Glück war, die in der Schöpfung steckenblieb.“

Er wird nicht satt

Augustinus war in diesen Jugendjahren auch sehr auf der Suche nach Weisheit. Er wollte Antworten auf die großen Fragen des Lebens finden, zum Beispiel auf die nach dem Ursprung des Bösen. Nicht untypisch für seine Zeit war Augustinus in einer religiös gemischten Familie aufgewachsen: die Mutter entstammte einer christlichen Familie und war überzeugte Christin, der Vater hing – bis kurz vor seinem Tod – dem römischen Götterglauben an. Augustinus hatte durch seine Mutter zwar manches vom Christentum kennengelernt, entfernte sich aber in seiner Jugendzeit innerlich immer mehr davon. Auf der Suche nach Weisheit und Erkenntnis durchforstete er die damals vorherrschenden Philosophien, beschäftigte sich mit Astrologie wie auch intensiv mit der Lehre der Manichäer. In dieser stark dualistischen Religion vermischten sich christliche Elemente mit solchen aus östlichen Religionen. In seinen Zwanzigern war Augustinus für mehrere Jahre ein mehr oder weniger überzeugter Anhänger der Manichäer, blieb aber insgesamt ein Suchender. Nach seinen eigenen Worten konnte er von den „Traumgebilden“ der Philosophie wie auch von der „selbstgebastelten Religion“ der Manichäer „nicht satt werden“. Seine Suche nach Glück, Weisheit und innerem Frieden blieb auch hier erfolglos.

Augustinus berichtet davon, dass er von seinem 16. Lebensjahr an seine „ungezügelte Lust“ nach Sex auslebte. Er hatte viele Jahre eine Konkubine – eine nicht standesgemäße Geliebte – die auch die Mutter seines unehelichen Sohnes war. Als er sich mit Anfang 30 auf eine Ehe vorbereiten wollte und sich deshalb von seiner Konkubine trennte, schaffte er es nicht, enthaltsam zu leben – obwohl er es eigentlich wollte. Aber auch die jahrelange Befriedigung seiner sexuellen Wünsche führte zu keiner dauerhaften Zufriedenheit oder Glück. 

Bis es Ruhe findet

Im Rückblick spricht Augustinus davon, dass all sein Streben nach Erfolg, Ansehen, Weisheit, sexueller Befriedigung und Freundschaft letztlich eine Suche nach Glück war, die in der Schöpfung steckenblieb – anstatt das Glück direkt beim Schöpfer zu suchen. Durch diese Suche an den falschen Enden verrannte er sich „in Schmerzen, Verwirrung und Irrtum“. Erst als er sich mit 32 Jahren an Gott wandte und ihm sein Leben anvertraute, fand er das Glück, das er so lange gesucht hatte. Augustinus ließ sich taufen, verließ seine damalige Geliebte, um dann wirklich enthaltsam zu leben. Er zog sich aus seinem Beruf zurück und ging wieder in seine Heimat. In seiner Hinwendung zum Christentum erkannte er, dass Gott selbst das Glück ist, das einzig das menschliche Sehnen wirklich befriedigen kann. Augustinus nannte nun Gott seine Lust, seine Ehre, sein Licht, die Wahrheit, die Liebe, die Fülle – all das, was er sein Leben lang an anderer Stelle umsonst gesucht hatte. 

Augustinus von Hippo lebte in einer ganz anderen Zeit als wir – und trotzdem hatte er dieselben Sehnsüchte wie wir Menschen heute. Sein Rat an uns: Gott selbst hat, als er uns erschuf, in uns „die Richtung vorgegeben: hin zu sich selbst“. Daher gilt: „keine Ruhe hat unser Herz, bis es Ruhe findet in dir, Gott“. Indem er diese Erkenntnis, zu der er am Ende seiner rastlosen Suche kam, an den Anfang seiner Autobiographie stellt, stellt er sie gleichsam über sein ganzes Leben. Sein Wunsch wäre wahrscheinlich, dass wir Menschen im 21. Jahrhundert früher im Leben zu dieser Erkenntnis kommen als er selbst.

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