Die in mir wohnende Kraft

Ratgeber

Glücks- und Zufriedenheitsratgeber auf allen gängigen Bestsellerlisten. Was zu dem Schluss führen könnte, dass unglaublich viele Menschen unglücklich sein müssen und ihre Zufriedenheit in gedruckten Ratgebern zu finden glauben. Was unter Umständen sogar stimmt. Dann nämlich, wenn sie sich mit dem Gelesenen konstruktiv auseinandersetzen und das in ihrem Leben implementieren, was sie als wesentlich erkennen. Anett Schubert hat ihre eigene Geschichte und weiß, wo die Zufriedenheit beginnt.

Es ist Sommer. Ich sitze in einem Seminarraum mit etwa zwanzig anderen Menschen, die wie ich gekommen sind, um zu erfahren, wie es möglich ist, ein zufriedenes und gelingendes Leben zu führen. Zu diesem Zeitpunkt war mein Leben aus den Fugen geraten. Ich war ratlos, unruhig und unzufrieden mit dem, was in meinem Leben passierte – oder besser gesagt, eben nicht passierte. Wenige Monate zuvor war meine Beziehung zerbrochen und ich steckte fest. Jeder im Raum kam mit seiner ganz persönlichen Geschichte und seiner eigenen Unzufriedenheit. Uns allen wurde sehr schnell klar, dass es keine allgemeingültige Formel gibt, wie man das ins Positive wenden kann.

Nach zwei Tagen hatte ich mich mit vielen großartigen Menschen ausgetauscht und so manches aus deren Leben gehört. Ich hatte viel Interessantes von Referenten gehört und reichlich Zeit für mich allein gehabt. Insgesamt mehr Anregungen zum Nachdenken erhalten, als ich in so kurzer Zeit verarbeiten konnte. Aber ich begann hier, tiefer als bisher zu verstehen, dass die Sache mit der Zufriedenheit bei mir selber und vor allem auch mit mir beginnt und dass mein Gefühl von Zufriedenheit von anderen Werten abhängt als das bei anderen der Fall ist. Wie gesagt. Keine allgemeingültige pauschale Formel. Und doch, es gibt auch Kraftquellen für Zufriedenheit, die grundsätzlich für jeden gelten und Bedeutung haben: 

  • gute und belastbare Beziehungen zu Eltern und Familie
  • innere Zustimmung zur eigenen Herkunft (Heimatort/-stadt/-land)
  • erfüllende Spiritualität und Glauben

Um nur einige zu nennen. Grundlegend ist es so, dass Zufriedenheit oder Unzufriedenheit daraus entsteht, wie jemand eine Situation für sich selbst bewertet. Das passiert in hohem Maß automatisch aus gewohnten Denkroutinen heraus bzw. aus übernommenen Bewertungsmaßstäben der Umwelt. Mit anderen Worten: Wir handeln, meist unbewusst, aber trotzdem sind wir verantwortlich für das, was wir tun. Und nicht, wie wir so gern glauben, jemand anderes.

Muss ich nun das Ende meiner Beziehung als etwas Schlechtes betrachten? Natürlich nicht. Das Ende ist ebenso eine mögliche Entwicklung wie die Fortsetzung. Ungeachtet aller Erwartungen, aller Enttäuschung und allen Schmerzes – die Dimension der Trennung und ihre Bedeutung entscheidet sich an dem, was ich daraus mache. Je mehr sich diese Erkenntnis in mir ausbreitete, umso mehr kam ich wieder mit der in mir wohnenden Kraft in Verbindung und traf daraus Entscheidungen, die mir guttaten. Selbst in dieser schwierigen Situation entdeckte ich Gutes. Ich musste es nur wollen.

 

„Ich begann, tiefer als bisher zu verstehen, dass die Sache mit der Zufriedenheit bei mir und mit mir beginnt und dass mein Gefühl von Zufriedenheit von anderen Werten abhängt als bei anderen.“

Mein Gedankenprozess führte mich zur Entscheidung, dass ich meinem „Ex“ einen guten Platz in meinem Herzen geben will und es möglich sein soll, ihm respektvoll und entspannt zu begegnen. Das forderte mich ziemlich heraus, denn ich musste auch meinen Anteil an der Situation erkennen und anerkennen. Ich musste verstehen und nicht nur ihm, sondern auch mir selbst vergeben. Dafür reichte das Wochenende nicht aus, aber es war ein Anfang.      

Vor einigen Monaten haben wir uns getroffen, da ich in seinem Teil der Welt zu tun hatte. Es war eine gute Zeit, auf die ich mit Zufriedenheit zurückblicke. Ich bin froh, dass wir uns begegnet sind. Die Trennung war für mich der Anlass, mich weiterzuentwickeln, und führte mich schließlich zur Teilnahme am schon erwähnten Seminar. Was wiederum zu sehr wichtigen Erkenntnissen in meinem Leben geführt hat. Ich habe begriffen: Wir sind den Ereignissen und Gefühlen in unserem Leben nicht wehrlos ausgeliefert, sondern können entscheiden und gestalten, wie wir damit umgehen und was wir daraus machen. Das ist nicht immer einfach, aber immer möglich. Gelingt es mir, dazu ein Ja zu finden, dann komme ich meiner Zufriedenheit ein ganzes Stück näher.

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