Nur an der Leine kann ein Drachen fliegen
Standpunkt
Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie den Ausdruck „die Zehn Gebote“ hören? Denken Sie an Pflichten, Zwänge und Einschränkung? Oder kommt Ihnen das Bild von unendlicher Weite in den Sinn? Manfred Schaller betrachtet diese Frage und kommt zu dem Schluss: Eine Gesellschaft ist nur dann gesund und frei, wenn sie sich dran hält.
Wie wäre es, wenn wir die Gebote nicht als störende Gitterstäbe eines Gefängnisses sehen würden, sondern als hilfreiche Gitterstäbe des Geländers einer Brücke? Oder wie es jemand ausgedrückt hat: Nur an der Leine kann ein Drachen fliegen. Wenn Sie also fliegen wollen, lassen Sie sich durch die guten Gebote Gottes an die Leine nehmen. Das Ziel ist nicht Unterdrückung menschlichen Lebens, sondern die bleibende Sicherheit grundlegender Freiheit.
Der Beigeschmack von Strafe
Die zehn Gebote sind eines der ältesten gesetzlichen Regelsätze. Die Werteordnung unserer westlichen Welt basiert auf ihnen, gleichermaßen wie die französische und die amerikanische Verfassung sowie die UN-Menschenrechtscharta. Warum tun wir uns also so schwer mit diesen Geboten? Ein Grund ist sicher, dass das Wort Gesetz oder Gebot in Deutschland mit dem Beigeschmack von Abgrenzung und Strafe behaftet ist. Erlaubt ist, was nicht verboten ist. Das war in Israel anders. Das Wort Thora bedeutet Wegweisung. Dazu kommt, dass wir oft den Eindruck haben, dass es sich nicht lohnt, nach diesen tollen Regeln der Freiheit zu leben. Als Beispiele möchte ich nur einige aus dem Bereich der Ehrlichkeit und Wahrheit nennen.
Ich kann mich an die Kellnerin auf der Hannover-Messe sehr gut erinnern. Ich hatte einige Freunde zum Kaffee eingeladen. Der Preis belief sich auf DM 30,-– und ich bat um eine Quittung. Die Quittung wies DM 50,– aus. Ich machte die junge Frau auf ihren Fehler aufmerksam und sie konnte es nicht glauben. „Sie sind der erste, der eine wahrhaftige Quittung mit dem richtigen Preis will.“ Das war 1981. Einige Jahre später zogen wir um. Es gab kleine Unstimmigkeiten bei der Rechnung und bei der Reklamation sagte der Chef der Umzugsfirma: „Wir könnten eigentlich auf die Steuer verzichten. Sie brauchen vielleicht doch keine Rechnung?“
Jedes Jahr bin ich herausgefordert, wenn ich meine Steuererklärung ausfülle. Oft denke ich: „Lieber Herr, mach doch ein wenig Urlaub von mir. Du kannst wiederkommen, wenn ich die Steuererklärung unterschrieben habe.“ Aber er bleibt und erinnert mich an manche Zahlen.
Nennen Sie mich altmodisch …
Es gibt Mitarbeiter in Firmen, die während ihrer Arbeitszeit private Telefongespräche führen oder privat im Internet surfen. Bin ich altmodisch, wenn ich das Diebstahl nenne? Außer natürlich, der Chef hat es ausdrücklich erlaubt. Wie sieht es mit der Ausnutzung der Arbeitszeit aus? In einem Betrieb mit 600 Mitarbeitern entstehen 50 Fehlstunden pro Tag, wenn jeder nur 5 Minuten vergeudet. Bin ich altmodisch, wenn ich auch das Diebstahl nenne? Halt Ulrich Wickert recht mit seinem Buch Der Ehrliche ist der Dumme? Was würde in unserem Land geschehen, wenn man wie in alten Zeiten Verträge durch einen Handschlag abschließen könnte? Damals konnte man sich auf das Wort, die Zusagen, die Versprechen des Geschäftspartners verlassen. Was würde heute geschehen, wenn Wahrheit wieder Wahrheit wäre und das, was zum Beispiel durch das Weglassen von Informationen in den Nachrichten, zur Lüge oder zumindest zur Halbwahrheit wird?
Ich möchte ein aktuelles Beispiel aufgreifen. Der Journalist Udo Ulfkotte hat ein Buch geschrieben über die Asylindustrie, in dem er Hintergründe aufzeigt, wie Politiker, Journalisten, Sozialverbände und Firmen von der Flüchtlingswelle profitieren. Ein ebenso hochbrisantes Thema wie die Verfolgung von Christen in Asylunterkünften und die Frage, wie Polizisten und Grenzschützer mit dem Riesenansturm fertig werden. Vieles darf nicht berichtet werden und wird auch nicht berichtet. Für mich ist es keine Frage, dass Menschen, die verfolgt werden und aus Bürgerkriegen zu uns kommen, das Recht haben, Asyl zu beantragen. Aber gehört es nicht auch zur Wahrheit und Ehrlichkeit, alle Bereiche dieses Themas in den Medien zu behandeln? Meiner Meinung nach geschieht das leider nicht.
Es würde die Welt verändern
Ich bin davon überzeugt, dass Gott eine gute Idee hatte, als er dem Volk Israel die 10 Gebote gab. Es fällt auf, dass es beim Gebot, Gott zu ehren, beginnt und dann über das Mordverbot zum Stehlen geht und beim „unscheinbar bloßen Gedanken“ an Begehrlichkeiten endet. Diese Zusammenfassung von Anweisungen zur Lebensgestaltung würde die Welt verändern, würde die Welt sich daran halten.
Dr. Peter Eger aus Brixen hat die Gebote Gottes ihrer Bedeutung nach einmal so kategorisiert:
- Der Glaube an Gott
- Die Ehrfurcht vor Gott
- Die Verehrung von Gott
- Die Familie
- Das Leben
- Die Liebe und Ehe
- Das Eigentum
- Die Wahrheit
- Die Treue
- Der soziale Frieden
Eins noch. Gott zeigt uns durch die Gebote Verhaltensmaßnahmen auf. Diese wollen das Leben in der Gemeinschaft mit ihm und unser Leben in der Familie und Gemeinschaft regeln. Die Einhaltung der 10 Gebote führt uns also zu nichts anderem als zu einer gesunden Gesellschaft. Sie ist nicht der Eintrittspreis in den Himmel. Wer die Gebote hält in der Annahme, dadurch in den Himmel zu kommen, irrt gewaltig. Wer aus Dankbarkeit darüber, dass er von Gott geliebt und begnadigt ist, sein Bestes gibt, ist auf dem richtigen Weg und gleicht dem Drachen, der fröhlich, frei und durch die Leine gesichert in hohen Lüften schwebt.
Magazin Frühling 2016
Bestelle kostenfrei die Printausgabe!
Bestelle die aktuelle Ausgabe und erhalte 4x/Jahr das Magazin NEUES LEBEN. Randvoll mit gutem, christlichem Rat für den Alltag, verständlich und anwendbar.

Seite teilen: