Versager ohne Ende

Impuls

Klingt irgendwie genervt. Versager! Die Bibel ist voll von Storys über Menschen, die es nicht auf die Reihe bekamen, meint Dr. Hans-Georg Wünch, und findet das dann auch noch ziemlich gut so. Weil die Betrachtung dieser Geschichten uns lehrt, worauf es ankommt. Halt findet man nicht im Erfolg, sondern im korrekten Umgang mit der Niederlage. Am Ende zählt nur eins.

Was hatte er sich dabei nur gedacht? Wie konnte er nur so versagen? Vollmundig hatte er Jesus versprochen, dass er bereit sei, für ihn in den Tod zu gehen. Und dann hatte er gegenüber einer Magd so versagt! Hatte Jesus verleugnet. Sogar geschworen hatte er: „Ich kenne ihn nicht!“ Noch nie gesehen, keine Beziehung zu ihm gehabt. So krass hatte er sich von ihm, seinem Herrn, dem Messias, dem König distanziert!

Schon irgendwie seltsam

Und das war ja auch nicht das erste Mal, dass er versagt hatte. Damals hatte er vollmundig gesagt: „Befiehl mir, aus dem Boot zu steigen und auf dem Wasserzu dir zu kommen“. Erst war alles gut gegangen. Er konnte tatsächlich auf dem Wasser laufen. Wie Jesus! Aber dann waren die Wellen gekommen. Und mit ihnen die Angst. Und er war untergegangen. Damals hatte Jesus ihn ergriffenund gerettet. Sicher, er hatte ihn auch für seinen Kleinglauben getadelt. Aber er war danach weitergegangen mit Jesus, mit ihm und den anderen Jüngern.

Diesmal würde es für ihn keine Rettung geben. Denn Jesus war verurteilt und am Kreuz hingerichtet worden. Und damit war alles aus. Aus und vorbei. Nicht nur mit Jesus, nein, auch mit ihm. Wo war sein Glaube gewesen in dieser Nacht? Warum hatte er nicht zu Jesus gestanden? Nun war Jesus gestorben, und es gab für ihn keine Möglichkeit, ihn um Vergebung zu bitten. Seinen Kleinglauben einzugestehen, so wie damals. Er hatte versagt und war jetzt endgültig „untergegangen“. Jesus war nicht mehr da, der ihn wie damals hätte herausholen und retten könnten.

So oder so ähnlich könnte Petrus gedacht haben, nachdem er Jesus verleugnet hatte. Ja, er hatte versagt. Und jetzt war alles vorbei. Aber dann kam es doch ganz anders. Dann war Jesus auferstanden und seinen Jüngern begegnet. Auch ihm! Das muss ein seltsames Gefühl gewesen sein, Jesus gegenüberzustehen. Einerseits voller Freude, weil er wirklich lebte. Und dann gleichzeitig voller Scham. Würde es für ihn noch einmal Vergebung geben können?

„Aber dann waren die Wellen gekommen. Und mit ihnen die Angst. Und er war untergegangen.“

Von vorn anfangen

Einige Tage später waren die Jünger wieder nach Galiläa zurückgekehrt. Dort hatten sie ja noch ihre Familien. Auch die Frau von Petrus lebte dort. Dort, am See Genezareth, hatten sie wieder angefangen, ihre Netze auszuwerfen. Und wie damals hatten sie die ganze Nacht nichts gefangen. Als dann dieser Mann am Ufer erschien und ihnen sagte, dass sie die Netze auf der rechten Seite des Bootes auswerfen sollten, hatte Petrus schon gemeint, ein Déjàvu zu erleben. Und als dann die Netze so voller Fische waren, dass sie diese kaum ins Boot bekamen, wies Johannes ihn darauf hin: Das ist Jesus!

Und Petrus wäre nicht Petrus gewesen, wenn er sich nicht sofort ins Wasser gestürzt hätte und zu Jesus geschwommen wäre. Als er und wenig später auch die anderen Jünger ans Ufer kamen, hatte Jesus schon ein Feuer gemacht und angefangen, Fische darauf zu braten. Und Brot lag auch bereit. Nachdem sie dann gegessen hatten, gab es für Petrus endlich eine Möglichkeit, mit Jesus zu reden. Wobei es eigentlich umgekehrt war. Eigentlich redete Jesus mit ihm. Und er fragte ihn: „Simon, hast du mich lieb?“ Dreimal stellte er ihm diese Frage. Was sollte er darauf antworten? „Ja“, antwortete er. Und das stimmte auch. Trotz seines Versagens liebte er Jesus. Deshalb tat sein Versagen ja auch so weh! Vor allem, als Jesus ihn dreimal fragte und er daran erinnert wurde, dass er Jesus dreimal verleugnet hatte. 

„Das muss ein seltsames Gefühl gewesen sein, Jesus gegenüberzustehen.“

Gut zu gebrauchen

Und Jesus? Jesus lässt diesen Versager nicht fallen, sondern beauftragt ihn neu: „Weide meine Schafe“, sagt er. Übernimm Verantwortung, wie ein Hirte, der sich um seine Schafe kümmert. Jesus vertraut diesem Versager, gibt ihm eine neue Aufgabe. Er lässt ihn nicht nur nicht fallen, lässt ihn nicht untergehen – so wie damals auf dem Wasser. Nein, er nimmt ihn neu in die Verantwortung. Gibt ihm Verantwortung für die, die ihm, Jesus, wichtig sind. Seine Schafe und seine Lämmer – also die jungen Schafe, die besonderen Schutz brauchen. Wie großartig ist das denn?! Jesus hält Petrus fest und beauftragt ihn neu, kann diesen Versager gebrauchen! Vor einigen Monaten hatte er ihm gesagt, dass er durch ihn, Petrus, seine Gemeinde bauen will. Und daran hat sich nichts geändert! 

Es ist spannend zu sehen, wie oft die Bibel von solchen Menschen schreibt, die versagt haben, aber doch von Gott nicht fallen gelassen, sondern neu in den Dienst berufen wurden. Man denke an einen Joseph, der seinen Brüdern allen Grund gab, ihn zu hassen – und am Ende die ganze Familie rettet. Oder einen Mose, der einen Mord begeht – und am Ende der große Retter wird, durch den Gott sein Volk Israel befreit. Oder König David, der einen Ehebruch begeht und dann zur Vertuschung noch einen Mord – und doch ein Mann nach dem Herzen Gottes sein konnte (1. Samuel 13,14). 

Gott kann Versager gebrauchen! Versager, die umkehren. Versager, die zu Jesus kommen und ihm sagen: „Ich habe dich lieb! 

Das kennen wir doch

Wie gut für uns! Denn Versagen kennen wir doch alle. Wieder einmal nicht von Jesus geredet, wieder einmal mich nicht zu ihm bekannt! Wieder einmal gesündigt, wieder einmal nicht stark geblieben! Wieder einmal auf die Wellengeschaut und vor Angst untergegangen! Entscheidend ist nicht, ob wir alles richtig machen. Entscheidend ist, ob wir immer wieder zu Jesus zurückkommen. Dass wir ihn lieben und ihm unser Versagen eingestehen. Dann gilt auch uns seine Vergebung. Dann kann Gott auch mit und durch uns sein Reich auf dieser Welt bauen. 

Prof. Dr. Hans-Georg Wünch lebt mit seiner Frau im Westerwald. Er ist Dozent für Altes Testament und Studienleiter am Theologischen Seminar Rheinland sowie Prof. extr. am Department for Biblical and Ancient Studies an der University of South Africa und am Department Old Testament and Hebrew Scriptures der University of Pretoria, beides in Südafrika.

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