Ich habe doch gelebt

Biografie

Sie selbst hat sich nie für etwas Besonderes gehalten, und vielleicht war es gerade dieser Charakterzug, der sie so besonders machte. Rosi Mittermaier war diszipliniert, erfolgreich und bescheiden. Sie folgte ihren Werten und trug in sich einen Glauben, über den sie nie viel sprach. Elena Eigenbrodt schaut auf das Leben einer Frau, die diese Welt am 04. Januar 2023 für immer verließ.

Rosi Mittermaier – um genau zu sein: Rosa Katharina Mittermaier-Neureuther – ist nicht nur eingefleischten Wintersportfans ein Begriff. Geboren wurde sie im August 1950 in Bayern. Dort wuchs sie gemeinsam mit ihren Eltern und zwei Schwestern auf. Ihre Zwillingsschwester starb kurz nach der Geburt. Die Eltern betrieben ein Gasthaus und später ein Studentenwohnheim, der Vater führte als staatlich anerkannter Skilehrer zusätzlich eine eigene Skischule. So kam es wohl auch dazu, dass Rosi mit 3 Jahren das erste Mal auf Skiern stand und ab dem Alter von 6 Jahren ernsthaft mit Skiunterricht begann. Diesen hatte sie bei ihrem eigenen Vater, wenn sie daheim war – die ersten drei Jahre ihrer Schulzeit wohnte sie nämlich bei einer Pflegefamilie, weil der Schulweg zu weit war.

Einfach erfolgreich

Den Skiunterricht führte sie trotz mehrfacher Unfälle immer weiter fort, trainierte viel, schlitterte immer wieder knapp an den Siegen vorbei. Bis zur Saison 1975/1976. Erst der Sieg im Weltcup, anschließend mehrere Medaillen bei Olympia 1976 - unter anderem die einzige Goldmedaille des deutschen Teams in diesem Jahr und die erste Goldmedaille der deutschen Skiläuferinnen seit 1960.

Trotz dieser unglaublich erfolgreichen Saison – oder gerade deswegen – beendete sie mit deren Ende auch ihre sportliche Karriere. Der Erfolg machte ihr Angst. Solide und volksnah, wie sie war, konnte sie den Aufwand um die eigene Person nicht verstehen. Ihre Konkurrentinnen sah sie nie als solche an, sondern eher als Freundinnen, von denen sie viel lernen konnte.

„Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt, soviel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“

Bodenständig geglaubt

1980 heiratete sie Christian Neureuther, aus der Ehe mit ihm stammen die zwei Kinder Ameli und Felix. Obwohl Rosi eine Ausbildung im Hotelfach hatte, war sie nie darin tätig. Stattdessen hatte sie nach ihrem Karriereende zahlreiche Werbeverträge, schrieb mehrere Bücher, eröffnete mit ihrem Mann ein Sportgeschäft und ein Landgasthaus. Trotz ihrer Erfolge und Berühmtheit blieb sie bescheiden. Wichtiger war es für sie, anderen Menschen zu helfen, ihre „Reichweite“ für Gutes zu nutzen. Aufhebens um ihre Person war ihr zutiefst unangenehm. Der Präsident des katholischen Hilfswerks missio, Wolfgang Huber, sagte über sie: Wenn es in Reit im Winkl ein besonderes Ereignis gab, sei auch Rosi Mittermaier dabei gewesen, selbstverständlich auch bei den Gottesdiensten. Die Katholikin hatte einen bodenständigen Glauben, aber auch darüber machte sie kein großes Aufsehen, es war einfach normal.

Tausendfach verschenkt

Ihre Familie bediente sich dann in der Traueranzeige für ihre Ehefrau und Mutter der Worte des berühmten französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry aus dessen einmaligem Werk „Der kleine Prinz“: „Hast du Angst vor dem Tod?“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt, so viel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“ 

Elena Eigenbrodt, Jahrgang 1999, arbeitet als Gesundheits- und Krankenpflegerin in einer Stuttgarter Klinik, mag Sonne lieber als Regen, Minipizza lieber als Salat und O-Saft lieber als Wasser. Sie interessiert sich für Literatur, reist gern und liebt ausgiebige Spieleabende mit Familie und Freunden.

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