Eine Frage des Vertrauens
Bericht
Wer weiß schon, ob es wirklich stimmt, dass Christoph Kolumbus Amerika entdeckt hat? Wir stützen uns bei dieser Annahme auf geschichtliche Aufzeichnungen und glauben ihnen vertrauensvoll. Gut so. Susanne Krüger meint, wir sollten es mit der Bibel genauso halten. Wer sie im gleichen Vertrauen liest wie jedes andere historische Dokument wird erstaunliche Einsichten gewinnen.
„Denn alles, was in der Schrift steht, ist von Gottes Geist eingegeben, und dementsprechend groß ist auch der Nutzen der Schrift: Sie unterrichtet in der Wahrheit, deckt Schuld auf, bringt auf den richtigen Weg und erzieht zu einem Leben nach Gottes Willen.“ (2. Timotheus 3,16 NGÜ) So beschreibt die Bibel sich selbst. Diese Worte finden wir in einem Brief, den der Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus schreibt. Und dieser Brief ist uns als Teil der Bibel überliefert. Was denken wir über ein bis zu 4000 Jahre altes Buch, das sich selbst auf diese Weise Zeugnis gibt? Schlagzeilen in der Tageszeitung, die mit „die wahren Hintergründe von…“ beginnen, sind für mich oft nicht sehr vertrauenswürdig. Ist doch klar, dass jede Zeitung für sich in Anspruch nimmt, die Wahrheit erkannt zu haben und diese auch zu berichten. Ich lese solche Artikel – wenn überhaupt – mit viel Skepsis. Ist die Bibel vertrauenswürdig, nur weil sie es für sich selbst in Anspruch nimmt?
Alles nur ein Wunschgedanke?
Ich arbeite seit über 20 Jahren beim Wycliff e.V., Bibelübersetzung ist eine unserer Hauptaufgaben. In unserem Leitbild steht „Wir bezeugen: Das übersetzte Wort Gottes verändert Leben, und veränderte Menschen prägen die Gesellschaft nach der guten Vorstellung Gottes.“ Eine idealistische Utopie? Ein Wunschgedanke? Ich persönlich bin überzeugt davon, dass die Bibel Gottes lebendiges Wort ist. Dass dieses Buch eine Kraft besitzt, die andere Bücher nicht haben. Ich glaube, dass die Bibel auch heute noch zu Menschen aus allen Ländern, Schichten und Altersgruppen spricht. Beweisen kann ich das nicht. Aber bezeugen kann ich es. Einige unserer Mitarbeiter konnten dieses Jahr in Äthiopien die Übergabe des Neuen Testamentes in der Me’en Sprache miterleben. Eine deutsche Familie hatte dort vor 30 Jahren mit der Sprachforschung und Bibelübersetzung begonnen. Damals gab es keine Christen unter den Me‘en. Die Menschen waren arm, es gab wenig Bildung und kaum Chancen auf eine gut bezahlte Arbeit. Dadurch gab es kaum Hoffnung und wenig Initiative, die Situation in der eigenen Region zu verbessern. Jetzt im Mai feierten tausende Christen aus verschiedensten Gemeinden mit strahlenden Gesichtern, dass das Neue Testament in ihrer eigenen Sprache fertig ist. Kinder lernen in den ersten sechs Schuljahren in ihrer Muttersprache. Dadurch kommen sie sehr viel besser durch die Schule, haben mehr Bildung und Aussicht auf bessere Arbeit. Es gibt weniger Armut, und heute setzen sich viele Me’en für das Wohl der Region und des Landes ein. Auf einer der Feiern führten Jugendliche eine Art Theaterstück auf, in dem sie beschrieben, wie sie früher in Ängsten und Zauberei gefangen waren und durch Jesus frei geworden sind. Gott hat diese Volksgruppe verändert, und die übersetzte Bibel hat einen wichtigen Anteil daran.
„Ich persönlich bin überzeugt davon, dass die Bibel Gottes lebendiges Wort ist. Dass dieses Buch eine Kraft besitzt, die andere Bücher nicht haben.“
Schonungslos ehrlich
Es ist die Auseinandersetzung mit diesem Buch, die uns verändert. Und das ist gar nicht so einfach. Denn die Bibel ist ein schwieriges Buch. Sie hat viele Kapitel, die für uns heute unverständlich und sogar abstoßend sind. Geschichten von Gewalt, Bestrafung, Zorn Gottes und Kriegen passen nicht in unsere heutige Zeit. Die „Helden“ der Geschichten scheinen oft eher „Anti-Helden“ zu sein, voller Fehler und mit schwierigen Charakterzügen behaftet. Dabei ist das ein einzigartiges Merkmal der Bibel, dass sie so schonungslos ehrlich ist. In keinem anderen heiligen Buch werden die großen Helden so ehrlich mit allen Fehlern und allem Versagen dargestellt. David, der Mann nach dem Herzen Gottes, begeht Ehebruch und schickt einen Mann in den sicheren Tod. Im Neuen Testament lesen wir von Streit zwischen den ersten Christen, von Beinahe-Spaltungen in Gemeinden und schwerwiegenden Auseinandersetzungen über theologische Fragen. Dazu kommen scheinbare Widersprüche, die wir in der Bibel finden und die immer wieder angeführt werden, um die Vertrauenswürdigkeit der Bibel anzuzweifeln. Und viele Texte über gesellschaftliche Themen wie Frauenrechte, Sklaverei und Sexualität scheinen heute wenig aktuell. Manche dieser Schwierigkeiten werden bei näherem Hinsehen verständlich. Mich ermutigt die schonungslose und ehrliche Darstellung der Menschen in der Bibel. Gott schreibt Geschichte mit Menschen wie dir und mir. Sie machen Fehler, sie haben Angst, zweifeln an sich selbst, sind egoistisch, sie brauchen ständig Ermutigung und Wunder, um weiterzumachen. Es gibt nur einen perfekten Helden, und das ist Jesus Christus selbst.
„Gott schreibt Geschichte mit Menschen wie du und ich. Sie machen Fehler, sie haben Angst, zweifeln an sich selbst, sind egoistisch, sie brauchen ständig Ermutigung und Wunder, um weiterzumachen.“
Das bleibt nicht ohne Folgen
Jetzt bin ich keine Theologin. Ich habe in meinem Leben sehr viel über die Bibel gelernt. Denn wir haben in Deutschland das unglaubliche Privileg, dass wir nicht nur zwischen einer Vielzahl unterschiedlicher Bibelübersetzungen wählen können, sondern auch Zugang zu unendlich vielen Erklärungen, Predigten und Hilfsmitteln haben. Und selbst ohne diese Hilfsmittel wird die Bibel für uns mehr und mehr Sinn machen, wenn wir uns auf sie einlassen und uns ehrlich und offen mit ihr auseinandersetzen. Am Ende ist die Frage, ob ich Gottes Wort vertraue. Ob ich mich darauf einlassen kann, die Bibel als Offenbarung zu lesen, als lebendiges, veränderndes Wort Gottes. Die Bibel ist kein Wohlfühl-Kuschel-Buch. Sie reizt, sie fordert heraus, sie konfrontiert. Aber sie ermutigt auch, gibt uns Kraft und zeigt uns deutlich den Plan der Liebe und Gnade, den Gott für uns hat. Wo wir uns darauf einlassen – auch auf die schwierigen Texte – und Gott bitten, uns dieses Buch zu erklären, da wird die Lektüre nicht ohne Folgen bleiben. Da wird die Bibel uns verändern und durch uns auch andere Menschen um uns herum verändern. Beweisen kann ich das nicht, aber bezeugen kann ich es und sage: es lohnt sich auf jeden Fall! „So ist also der, der Gott gehört und ihm dient, mit Hilfe der Schrift allen Anforderungen gewachsen; er ist durch sie dafür ausgerüstet, alles zu tun, was gut und richtig ist.“ (2. Timotheus 3, 17 NGÜ)
Susanne Krüger ist Leiterin von Wycliff Deutschland. Es begeistert sie, in der Bibel zu entdecken, wie Gott mit uns Menschen Geschichte schreibt. Sie ist überzeugt davon, dass Gott durch die Bibel zu Menschen aus allen Ländern, Schichten und Altersgruppen spricht. wycliff.de
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