Vertrauen in eine unsichtbare Welt
Schicksalsschläge haben den Gospelkünstler Chris Lass stark gemacht
Von Barbara Horn
Wenn Chris Lass auf der Bühne steht, ist er in seinem Element: Leidenschaftlich singt der 30-jährige Bremer seine selbst geschriebenen Lieder, mit Hingabe und eindrücklichen Gesten dirigiert er seine Chöre. Am Gospel begeisterte ihn schon früh, dass die Musik irgendwie „nach Rhythmus und Spaß klingt“. Heute ist seine musikalische Passion sein Beruf.
Dabei sah es zunächst so aus, als würde Chris eine Karriere als Sportler ansteuern: Als Teenager ist er zwar klein, aber wendig – und so läuft er allen davon und stellt fast wöchentlich neue Landesrekorde auf. Doch ein schlimmer Hüftvirus beendet jäh sämtliche Ambitionen. Es folgen mehrere Operationen. „Ich hatte auf einmal ein Loch im Terminkalender, das es zu füllen galt“, erinnert er sich. Klavier spielen konnte er schon als Kind, da liegt die Musik nahe: „Bei einem Pianistenseminar ist dann das Feuer in mir entfacht worden.“ Er übt, mit Akkorden zu begleiten, startet zunächst ein Lehramts-Studium, das er aber wieder an den Nagel hängt. Am Ende überwiegt der Wunsch, professionell Musik zu machen. „Doch das geht nicht, ohne dass mein Glaube darin eine Rolle spielt“, betont der Sänger und Gospel-Coach: „In meinen Texten versuche ich klar darauf hinzuweisen, dass es ein Vertrauen in eine Welt gibt, die wir nicht sehen können, die ganz stark ist und viel Kraft hat.“
Der Weg zu dieser Erkenntnis war für den in einem christlichen Elternhaus aufgewachsenen Chris jedoch ein steiniger. Als er 15 ist, nimmt sich sein ältester Bruder an Heilig Abend in der Ostsee das Leben. Lange Zeit fühlt Chris sich wie einer, der von außen eine Tragödie beobachtet. Kann jahrelang keine Träne weinen und wagt sich nur zögernd, sich mit dem Trauma auseinander zu setzen. Geholfen hat ihm, dass er sich nicht nur gefragt hat, warum ein Mensch sterben möchte, sondern vor allem: „Was ist so wertvoll, dass es sich zu leben lohnt?“ Erst mit der Zeit hat er Antworten gefunden und auch Frieden. Heute fühlt er sich „im Herzen ruhiger und stärker“, sagt er.
Doch noch einmal musste der Musiker dem Tod ins Auge sehen: Vor gut zehn Jahren sitzt er in einem Bus, der von einem bewaffneten Al-Kaida-Anhänger in Bremen entführt wird. Der Terrorist droht sogar, Chris zu töten. Doch selbst als sich ihm eine Chance zur Flucht bietet, lässt er diese ungenutzt, um die anderen Fahrgäste nicht zu gefährden. Am Ende wird das Geiseldrama unblutig beendet. Chris erinnert sich: „Für mich hat gezählt, dass es einen Gott gibt, der auch in diesem Bus die Kontrolle hat.“
Diese Lebensthemen haben den 30-Jährigen dazu gebracht, den christlichen Glauben für sich ganz neu und praktisch zu entdecken. Er ist sicher: „Gott findet uns wirklich wertvoll“. Das will er weitergeben. Mit seiner Musik – und darüber hinaus.
Weitere Infos: www.chrislass.com
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