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Kann ich Ihnen helfen?

Ich stehe an der Kasse beim Hofer, so heißt der Aldi in Österreich, und räume meinen Einkauf aufs Band. Es sieht etwas unbeholfen aus, da meine Arme durch das Medikament Contergan um einiges verkürzt sind. Da kommt aus dem Hintergrund die Frage: „Kann ich Ihnen helfen?“ Nun gibt es zwei Möglichkeiten zu reagieren. „Ja, gerne.“ Oder „Nein, das kann ich schon alleine.“

Kunst

Helfen und sich helfen lassen ist eine Kunst, die selten spannungsfrei abläuft. Warum das so ist, ist den wenigsten bewusst. Es hat etwas mit stark sein und schwach sein zu tun und zwar auf beiden Seiten. Der, der helfen möchte, befindet sich in diesem Moment in der Position des Stärkeren, auch wenn es ihn allen Mut gekostet hat, zu fragen. Der, der sich helfen lässt, gibt in diesem Moment seine Schwäche öffentlich zu. Wenn dann die manchmal vielleicht sogar ruppige Antwort „Nein Danke“ zurückkommt, ist es der Aufruf: „Nein, ich bin nicht schwach, ich bin stark, ich kann das alleine.“

Macht

Helfen und sich helfen lassen hat etwas mit Macht zu tun. Macht haben über den, der sich helfen lassen muss. Dieses Machtsystem wird ausgehoben, wenn zum einen eine tiefe Vertrauensbasis zwischen den Parteien vorliegt. Das trifft bei engen Freunden und bei Familienmitgliedern zu. Oder zum anderen, wenn für die Hilfeleistungen Geld bezahlt wird, dann ist es eine Geschäftsbeziehung.

Würde

Helfen und sich helfen lassen hat deshalb auch etwas mit Würde zu tun. Die Hilfe wird leichter angenommen, wenn Achtung und Ehrerbietung vom Helfer weitergegeben werden kann und wenn der, dem geholfen wird, sich seinen Wert nicht aus dem holt, was er alleine kann. Kompliziert und doch einfach: Nicht dass ich helfe, darf meinen Wert bestimmen und nicht dass ich mir helfen lasse, macht mich wertlos.

Lass dir ruhig helfen

Zurück zur Aldi-Kasse. Leider gibt es keine Standardantwort auf die oben geschilderte Situation. Aber wenn Sie Hilfe anbieten wollen, stellen Sie sicher, ob Sie bereit sind, eine wenn auch nur sehr kurze persönliche Beziehung zu Ihrem Gegenüber aufbauen zu wollen. Achten Sie auf die Körpersprache. Bei ablehnender Körperhaltung der Person, der Sie helfen wollen, halten Sie sich besser zurück. Dann steht nämlich der „Das kann ich alleine-Faktor“ im Vordergrund. Ein ermutigender Satz wie, „Sie haben aber eine tolle Technik entwickelt“, kann eine Brücke schlagen und dann entwickelt sich die Hilfestellung oft von alleine. Der netteste Satz, den ich bis jetzt gehört habe, war: „Wenn ich ihnen jetzt helfe, dann mache ich wahrscheinlich alles nur noch komplizierter.“

Für mich steht fest: Wer lernt, sich helfen zu lassen, der lernt die Tiefen der Barmherzigkeit zu verstehen. Wer lernt, sich helfen zu lassen, der lernt Gott kennen. Also: lass dir ruhig helfen. Es lebt sich dann für alle leichter.